Stofftrends – Herbst/Winter 2020/21
Was tragen wir in der kommenden Saison? Was sind die Trendfarben 2020? Welche Stoffe und Farben werden wir auf den nächsten Fashion Weeks in Paris, London, Mailand und New York zu sehen bekommen? Welche Stoffe und Accessoires werden wir im kommenden Jahr verarbeiten. Hier stellen wir Euch die wichtigsten Mode-Trends, Stoffe und Farben für Herbst/Winter 2020/21 vor.
Inhalt
Stofftrends der Munich Fabric Start für Herbst/Winter 2020/21
Die letzte Edition der Munich Fabric Start war mit 1.000 Ausstellern und rund 20.000 Kollektionen erneut ausgebucht. Das alles bestimmende Mega-Thema Nachhaltigkeit wird zum Schlüsselbegriff und Innovationstreiber der Zukunft. Ökologisches Handeln und damit ein bewusster Umgang mit Ressourcen, Kreislauffähigkeit und Transparenz waren die Themen. Die Nachfrage nach ökologisch angebauter Baumwolle, nach wiederverwertbaren Materialien, natürlichen Färbemethoden und neuen Zellulosefasern wird immer größer. Wir haben alles unter die Lupe genommen.
Die neuen Materialien
Hochwertige, natürliche Qualitäten geben den Ton an. Kurz- und langhaarige Wollen (Alpakas, Mohair, Flanell, Doubleface) gehören dazu. Sie sorgen ebenso wie Gestepptes für eine volumige Optik und werden gleichzeitig den nachhaltigen Ansprüchen gerecht. Klassische Muster (Karos, Streifen und Glenchecks) wirken mit Lurex-Beimischungen und Überdrucktem neu. Im Mix mit Breitcord und Samt sind diese Materialien für Damen-, Herren- und alle Genderneutralen Kollektionen gleichermaßen relevant. Angesagtes Mix & Match stellt Plaids neben Patchwork- Optiken, Holzfäller-Karos neben Jacquards, Lammfell und Fransen-Applikationen kontrastreich gegenüber. Hanf und grobes, schweres Leinen werden wintertauglich in kühlen Eistönen favorisiert. Innovationen aus alternativen Fasern wie Brennessel, Bambus und Bakterien sind auf dem Markt oder stecken mitten in der Entwicklung. Die Outdoorstoffe, hochglänzende, technische Materialien werden immer stärker mit natürlichen und Vintage-Stoffen oder grober Baumwolle kombiniert. Strick, Loops, Bondings und verfremdetes Camouflage bringen neue Impulse in das wichtige Segment.
Denim
Besonders die blauen Stoffe der Zukunft sind von den Themen Nachhaltigkeit, Transparenz und Wiederverwertbarkeit mehr denn je geprägt. Mit Hochdruck wird an neuen Technologien und Prozessen gearbeitet. Wie kann der Wasserverbrauch gesenkt werden? Das »Dry Indigo Verfahren« von Tejidos Royo zeigt wie es geht. Candiani hat eine Färbetechnologie mit Garnelenschalen entwickelt. Auch färben mit natürlichen Farbstoffen gibt es bereits. Perma Indigo-Färbungen ohne Abrieb sind neu. Bossa arbeitet mit recycelten Fasern. Die Neuheiten sind neben »grünen« Botschaften, auch alternative Waschungen: dunkel, schwarz, clean sollen sie zum Winter 20/21 sein. Auch Denim- Cashmere-Blends gehören zu den Material-Innovationen.
DIE TRENDS DER MESSE
Die Munich Fabric Start hat die Tendenzen für Winter 20/21 in einen virtuellen Concept Store mit jeweils drei Brands verpackt. Die beiden Themen »Bold Expressions« und »Forward Ethics« versammeln die dominanten Thematiken für die Wintersaison unter sich.
1 BOLD EXPRESSIONS
Das ist der Store für »Fashion Enthusiasts«, die über die Mode ihre Persönlichkeit und Individualität zum Ausdruck bringen. Es ist ihr Werkzeug der Selbstinszenierung und Individualisierung. Die Farben: Neongelb, Goldund Silber-Lurex, Yves Klein Blau, Aubergine, Bottle, Beige, Orange, Tomate, Königsblau und Maronenbraun.
1a) RE STREET
Lässige Schnitte, gelayerte Looks, genderless Styles sind die Schlüsselbegriff e in diesem »Brand«. Ungewöhnliche Materialkombinationen, Activewear-Elemente, laute Töne und urbane Streetstyles erinnern an die Skate-Szene. Schräge Stylings werden mit Hip-Hoppern, Skatern und Basketballern in Verbindung gebracht. Street-Styles sind die Inspirationsquelle. Tiefes Rot, kühles Betongrau und chemisches Petrolgrün finden sich in grafischen Allover-Prints wieder. Baumwolle und Polyestermischungen, Denim im Raw-Look, beschichtete Stoffe, abgesteppte Fütterungen und große Logos sind angesagt und werden in überweiten Silhouetten interpretiert
1b) Talk to Me like lovers do
Die schillernden Styles und Disco- Stoff e der 80er Jahre erleben ein Revival. Glitzernde, irisierende Oberflächen sind der Hit. Die Discokultur wird mit neuesten Materialinnovationen wiederbelebt. Vieles erinnerte an Vintage-Styles, Mode des Studio 54, Nylonoutfits der Aerobic-Szene, Retro-Glamour mit Neon-Schriftzügen. Mit Hologrammen, kühlem Mint, Violett und Purple lässt sich dieser Trend interpretieren. Glitzernde Oberflächen, LED-Pipins, Metallics, Changierendes, Animal Drucke, Ledervariationen, Samt und Ausbrenner und Retro-inspirierte Stickereien definieren den Look.
1c) Ordinary Innovations merging Classics & Fashion
Diese »Marke« interpretiert Klassik ganz neu und sucht darin das Außergewöhnliche. Komplexe Schnittkonstruktionen werden mit progressiven Ideen umgesetzt. Hochwertige Materialien wie klassisches Popeline, Anzugsstoffe, changierender Taft , gelockte Teddystoffe, Breitcord, Leder, Latex und Daunenstoffe zeichnen sich durch ihre Qualität aus. Ausgefeiltes Design mit ausgefallenen Details bestimmen die klassischen Einzelteile. Inspirationen kommen aus der Couture. Die Modelle wirken skulptural mit üppigem Volumen, übergroßen Schnitten und barocken Elementen. Monochrome Töne wie Sandelholz, Rosenquarz und kosmetische Farben werden mit einem intensiven royalen Blau akzentuiert.
2 FORWARD ETHICS
Dieser »Store« hat einen visionären Ansatz und setzt sich für einen nachhaltigen Konsum ein. Recycelter Meeresmüll, zirkuläre Modekonzepte und ökologische Technologien bestimmen sein Handeln. Eine transparente Produktion und ehrliche Kommunikation sind die Grundpfeiler. Recycelte Bekleidung und Melangen mit Olive, Rost und Teak. und eine textile Kreislaufwirtschaft gehören dazu und definieren eine klare Formensprache. Die Farben: gedeckte, leise, zarte Helligkeiten mit Creme, Weiß, Rosé, Mitteltöne.
2a) Vive la Mondialisation
In diesem Store dominiert ein kulturübergreifender Ansatz, der alte Traditionen wertschätzt. Diversität, Inklusivität und Gleichheit sind die Maximen. Interkulturelle Teams aus Neo-Hippies, digitalen Nomaden und globalen Animisten sind die Kunden. Lokales Brauchtum mischt sich ganz selbstverständlich mit Fernöstlichem und schützt unsere Umwelt und ihre Rohstoffe. Aus dunklem Braun, saftigem Limettengrün und sanft em Beige gibt es Materialien mit interessanter Oberflächenstruktur, die an Makramee und Flechten erinnern. Schottische Karos, amerikanisches Patchwork, marokkanische Ornamentik fügen sich wie in einem globalen Musterwerk zusammen. Abstrakte Blumen- und Fotodrucke mit barocken Elementen tauchen auf. Übergroße Motive werden gestrickt, gewebt, bedruckt und geflockt, oft in einer monochromen Farbreihe.
1b) Tech Care of Me
Neue Technologien mit niedrigen Energiebilanzen definieren eine funktionelle Ästhetik. Intelligente, langlebige Materialien sind mit dem Wohl unseres Planeten kompatibel und schützen uns vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Feinstaub und UV-Strahlung. Der Bedarf an zukunftskompatiblen Lösungen ist immens. Pudrige Hauttöne, zarte Rosé-Nuancen, helles Silber und erdige Töne gehören zum Farbspektrum. Die Materialeigenschaften sind fast wichtiger als ihr Aussehen. Super-resistentes Cordura oder Dyneema, hypersensorische Stoffe, Neues aus Algen, Bakterien, Gras oder Papier spielen eine Rolle. Folien und Coatings sind die Hingucker. Sportive und geschichtete Elemente machen die neuen Styles aus.
1c) Wise & Woke
Neue und natürliche Materialien und eine faire, transparente Fertigung sind die Maßstäbe dieses »Brands«. Recycling, Upcycling, Circularity im Mix mit alten, natürlichen Materialien sind bestimmend. Nach der Maxime der Fridays for Future Bewegung: „We need to build a better future.” Das klassische Saisondenken existiert nicht mehr. Viel mehr stehen langlebige Produkte im Fokus. Die Welt braucht weniger, dafür nachhaltige Mode. Der bewusste, gut informierte Konsument ist der neue Kunde. Er will alles über die Herkunft der Rohstoffe, die Arbeitsbedingungen in der Produktion und die Weiterverwertbarkeit des Artikels wissen. Zero-Waste-Konzepte, Gemeinschaftseigentum und Sharing Ideen sind dabei zukunftsweisend. Lokale, traditionelle Handwerkskünste sind angesagt. Organische Materialien wie Wolle, Leinen, Nessel, recycelte Baumwolle, veganes Leder und gewaltfreie Seide wirken in natürlich gefärbten Farben ganz neu. Kupferrot, tiefes Braun, mattes Grau-Grün und organisches Weiß unterstreichen die nachhaltige Optik.
Li Edelkoort: Das neue Schwarz
Im Rahmen der Munich Fabric Start referierte die renommierte Trendforscherin Li Edelkoort über Modetrends, Silhouetten, Stoffe und Farben für Herbst /Winter 20/21. Ihre wichtigste Botschaft: »the brown age«
Nach fast vier Jahrzehnten Schattendasein wird Braun zur dominanten Farbe und wird Schwarz komplett ablösen. Braun ist wärmer, weniger streng, eleganter und lässt sich leichter mit anderen Farben kombinieren. Braun »umarmt« fast alle Töne. Dabei steht die komplette Palette von sehr hellen Beigetönen bis zu tiefem Dunkelbraun im Fokus. Die Farbe, die identisch mit der Erde ist, steht auch für eine neue Denkweise voller Verantwortung und Respekt unserem Planeten gegenüber. Hochwertige, langlebige Materialien, weite bis ins Detail durchdachte, intelligente Styles stehen für eine neue Denkweise der gesamten Modebranche. Immer schnellere XL Kollektionen passen nicht mehr zu diesem Trend und nicht mehr zu unserem bedrohten Planeten. Das neue Farbzeitalter ist auch eine Abkehr an die alten Produktionsmethoden und das exzessive Konsumverhalten.
Diese Braun-Trends sind so vielfältig wie das neue Farbspektrum:
Basic Brown
- Jede Garderobe sollte ein gutes braunes Basisteil beinhalten. Ein Kleidungsstück, das nachhaltig ist und auf Grund seiner exzellenten Qualität Jahre Bestand hat. Das kann ein oversize Mantel sein, ebenso wie eine Cord-Jacke oder eine Woll-Hose. Die wichtigsten Qualitäten sind hochwertige Wollstoffe, breiter Cord, Samt und Moleskin, das der Optik eines Tierfells sehr nahe kommt. Braun und Pink sind favorisierte Farbkombinationen. Besonders junge Mode und Männermode wirken wie ein »New Look« in den neuen Farben.
Camel Brown
- Von Kamelbraun bis Rehbraun, dieser Trend orientiert sich an der authentischen Workwear. Markante, aufgesetzte Taschen für Jacken und Overalls gehören dazu; XL Pullover in grober Masche ebenso wie große und sehr breite Revers. Gequiltete Stoffe mit offenem Gewebebild, Tweeds und Patchwork dominieren die Materialität. Neu: Jacke und Hose werden wieder aus demselben Stoff für einen allover Look gefertigt.
Rural Brown
- Eine ländliche Romantik, in der Schottenkaros, Hemdblusenstreifen und bedruckte Jacquards zu Hause sind. Lange Kleider mit gesmokten Details, die über Hosen getragen werden, prägen die neue Silhouette. Viele Lagen, auch aus schwerem Leinen für den Winter, sind angesagt. Das romantische Image wird durch strenge Anzüge gebrochen.
Cuddling Brown
- Alte Teddies erinnern an eine heile, vergangene Welt. Das Farbspektrum reicht von warmem Cognac bis hin zu hellen Beige-/Braunschattierungen; alles was die Felle der Kuscheltiere hergeben. Fake Furs, Mohair, Wolle und Spitze spielen in diesem Trend die Hauptrolle. Auch gepflegtes Vintage mit destroyed Optiken gehört dazu. Ebenso wie die Idee, Kleidungsstücke zu teilen. Die Sharing Economy wird in der Modebranche Fuß fassen.
Classic Brown
- Karo, Hahnentritt, Pepita, diese Muster stehen für eine klassische Kategorie der Farbe Braun, wie wir sie aus den 70er Jahren kennen. Klassische Schnitte werden wieder en vogue. Ein cleaner, bürgerlicher Look manifestiert sich in diesem Trend. Braun erhält im Mix mit Grau einen kühleren Touch. Auch ein Schuss Kontrastfarbe ist dabei, wie bei großflächig gemusterten Wolldecken.
Archaic Brown
Archaische Funde aus der Steinzeit stehen Pate für diese Tendenz. Höhlenmalereien liefern die Motive und Muster dazu. In die textile Sprache übersetzt: Wilde Stoff-Collagen und Quilts sind die Protagonisten. Fransen, offene Kanten, halbfertige Nähte und eine lockere Silhouette bestimmen diesen Trend.
Grafic Brown
- Riesige geometrische Formen in Braun mit Schwarz und Weiß werden kontrastreich nebeneinander gestellt. Es kommt zu einem gewagten Mix and Match, sowohl was die Materialien wie auch die Muster betrifft. Camouflage-Optik, die fast nicht mehr an einen militärischen Kontext erinnert, setzt Akzente. Neue Spencer-Jacken wirken jung und avantgardistisch.
Earth Brown
- Die Farben der Erde sind vielfältig und facettenreich. Ob in der Wüste, im Flussbett oder auf dem Feld, die Natur schafft die schönsten Töne. Mit Pigmentfarben wie Kobaltblau, Eisenoxyd oder weißer Kreide werden die Erden aufgemischt. Und verschwimmen wie bei archaischer Keramik. Beschichtete Wollen und versteckte Lurexfäden sorgen für visuelle Highlights.
Veiled Brown
- Ein fast transparenter Look. Voile, Tüll, Spitze, Stickereien, Chiffon wirken in zarten Brauntönen ganz neu. Romantische Rüschen, Unterröcke und Schnürungen verraten den Retro-Gedanken.
Sepia Brown
- Das fast kalte Braun, das wie schwarz wirkt, kennen wir aus alten Fotografien. Genau passend zu dieser nostalgischen Geschichte mit viel Melancholie und Sehnsucht nach Vergangenem. Samt, Jacquards, Wolle und Stickereien stehen für eine reiche Materialvielfalt, mit der mutig gemixt wird.
Vintage Brown
- Die Gemälde von Hopper waren Inspiration für dieses Thema. Dinner-Jackets erleben ein Revival, aber in neuer Spencer-Länge. Dazu werden Schluppen-Blusen kombiniert. Trockene Wollqualitäten, Etamine und Seiden mit Miniprints vervollständigen diesen Look.
Fluid Brown
- Elfenbein und Hellbeige manifestieren dieses Thema. Lingerie-Kleider werden aus schwerem Crêpe-Satin gefertigt. Falten aus Doppelgewebe sorgen für voluminöse Looks. Auch Metallfäden finden sich in den Stoffen wieder.
Blooming Brown
- Flower Power ohne Ende. Lange, romantische Kleider sind dafür prädestiniert. Mit Rosen und Blüten aller Art, auch bestickt, werden die mädchenhaften Silhouetten stilprägend sein. Mit Smok, Drapés und eingereihten Partien erinnern sie an die Jahrhundertwende. Gobelins und weich fließende Seiden, Baumwollen und Viskosen sind die Stoff-Favoriten.