Maßnehmen und Maßberechnung bei Herren
Für die Konstruktion eines Maßschnittes benötigt man genaue Maßangaben, die einen Grundpfeiler für das gute Gelingen eines Kleidungsstückes bilden. Wichtigstes Merkmal des Müller & Sohn HAKA-Systems ist, dass jede Schnittkonstruktion ihre eigene Maßberechnung hat, welche bereits auf genau diese Konstruktion abgestimmt ist. Trotzdem ist es noch möglich, mit veränderten Beträgen die Passform zu beeinflussen oder auf die Haltung des Kunden einzugehen. Das Maßnehmen bei Herren finden Sie unter Anderem in dem Fachbuch HAKA Schnittkonstruktionen Grundwissen.
Die Maße teilen sich in drei Gruppen
1. Hauptmaße, die unbedingt am Körper zu messen sind,
2. Hilfsmaße, die gemessen oder berechnet werden können und
3. Hilfsmaße, die nur errechnet werden sollen, da hier beim Messen zu viele Fehler entstehen können.
Bei Oberteilen folgt eine Addition der Umfangsmaße Rückenbreite, Armdurchmesser und Brustbreite, aus welchen man bereits die Dimensionierung des Kleidungsstückes herauslesen und eventuell durch Veränderung der Zugaben beeinflussen kann. Bei einem Konfektionsschnitt können alle Maße den Größentabellen entnommen werden.
Folgende Hauptmaße, ohne die kein Schnitt erstellt werden kann, sind in jedem Fall am Körper zu messen:
Körpergröße
Der Abstand vom Scheitel bis zur Fußsohle. Bei angezogenen Schuhen muss die Absatzhöhe abgezogen werden.
Brustumfang
Wird unter den Achseln waagerecht um den Brustkorb gemessen. Es ist dabei darauf zu achten, dass das Maßband über die stärkste Stelle der Brust (Brustwarzen) und im Rücken leicht schräg nach oben über den Schulterblättern verläuft. Der Kunde sollte nicht ausgeatmet haben und das Maßband nicht zu stramm geführt werden.
Taillenumfang
Wird waagerecht in der Tailleneinbuchtung oberhalb des Hüftknochens gemessen. Selbst bei etwas fülligeren Männern ist die Taille seitlich und am Rücken gut auszumachen. Bei diesen Figuren wird das Maßband vorne schräg nach unten über den Bauch geführt. Wie beim Brustumfang wird das Maßband nicht zu stramm angelegt.
Hüftumfang
Wird waagerecht um den stärksten Teil des Gesäßes gemessen. Das Maßband wird ebenfalls nicht zu stramm angelegt. Die stärkste Stelle liegt im Vergleich zu Frauen bei Männern etwas höher.
Bundumfang
Wird ca. 3 cm über dem Hüftknochen gemessen, der seitlich zu spüren ist. Alternativ kann von einer gut passenden Hose ausgegangen werden. Diese Hose zunächst auf die richtige Höhe ziehen und die Bundweite waagerecht direkt über dem Hosenbund etwas straff gezogen auf dem Hemd messen.
Ärmellänge
Wird vom leicht herausstehenden Schulterknochen bis zum Handwurzelknochen oberhalb des Daumens gemessen. Bei fülligen Figuren ist der Schulterknochen meist nicht mehr so gut zu fühlen, weshalb es zu empfehlen ist, die Ärmellänge eines Sakkos auszumessen, welches der Kunde trägt. In diesem Fall kann auch gleich mit dem Kunden abgesprochen werden, ob er mit dieser Ärmellänge zufrieden ist oder geändert werden soll. Korrekterweise soll die Hemdmanschette unter dem Sakkoärmel sichtbar sein.
Seitenlänge
Wird auf der Seitennaht von der Bundkante bis zum Ansatz der Schuhsohle gemessen. Auch hier muss darauf geachtet werden, dass die Hose auf richtiger Höhe sitzt, damit das Maß nicht verfälscht wird.
Schrittlänge
Die Hose des Kunden wird so weit wie möglich nach oben gezogen und die Beine sind leicht gespreizt. Die Schrittlänge wird vom Spaltansatz bis zum Sohlenansatz gemessen. Um nicht mit der Hand an den Schritt des Kunden zu kommen, kann das Maßband mit zwei Fingern bei ca. 5 – 6 cm gehalten und mit dem losen Ende bis oben geschoben werden.
Fußweite
Modellabhängiges Maß: auf Basis einer vorliegenden Hose oder nach modischen Vorgaben.
Bei den Hilfsmaßen, die sowohl am Körper gemessen, als auch berechnet werden können, sollte immer von beiden Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden. Beim Vergleich von gemessenen und berechneten Maßen werden oft Abweichungen des Körpers festgestellt, die ansonsten vielleicht übersehen werden. Außerdem bieten die errechneten Hilfsmaße eine nicht unwesentliche Kontrollmöglichkeit für den Fall, dass fehlerhaft gemessen wurde. Dies passiert leicht beim Messen der Rückenhöhe und -breite.
Besonders bei der Rückenhöhe sollte man sich in erster Linie auf die Berechnung stützen. Bei der Rückenlänge ist dagegen die Messung vorzuziehen, sofern sie genauestens vorgenommen wurde, weil Figuren mit gleicher Körperhöhe einen langen oder kurzen Oberkörper haben können bzw. mehr oder weniger Rückenlänge benötigen als die Berechnung ergibt. Die Zugaben und Abzüge bei den Berechnungsformeln sind je nach Figurtyp unterschiedlich und an dieser Stelle für alle Figurtypen zusammengefasst. Wie hoch die Zugaben und Abzüge für die Maßberechnung bei den verschiedenen Figurtypen genau sind, ist den einzelnen Maßsätzen zu entnehmen.
Rückenlänge
Messung
Die Rückenlänge ist die Entfernung zwischen dem Halswirbel und der stärksten Tailleneinbuchtung (die Stelle, an der auch der Taillenumfang gemessen wird). Der Halswirbel ist der etwas herausstehende Wirbelknochen in Kragenhöhe, der selbst bei fülligen Figuren gut zu fühlen ist. Dieser Punkt ist z.B. auch zum Messen der Modelllänge wichtig und bildet den Ausgangspunkt bei der Schnittkonstruktion
Berechnung
- Hemd: 1/4 Körperhöhe
- Weste: 1/4 Körperhöhe + 1,5 – 2 cm
- Sakko: 1/4 Körperhöhe + 0 – 1 cm
Rückenhöhe
Messung
Die Rückenhöhe ist für die Tiefe des Armloches entscheidend. Als Hilfe zum Messen dient ein Pappstreifen, der unter den Arm geklemmt wird (falls der Kunde ein weites Hemd trägt, den Streifen hochschieben, bis er am Körper anstößt). Den Streifen nach hinten zur Mitte biegen und die Rückenhöhe vom Halswirbel bis zur Oberkante des Streifens messen.
Berechnung
- Hemd: 1/10 Bu + 12 cm
- Weste: 1/8 Bu + 12,5 – 13 cm
- Sakko: 1/8 Bu + 12 – 12,5 cm
Rückenbreite
Messung
Die Rückenbreite ist der Abstand von Armansatz zu Armansatz in Höhe der Schulterblätter. Sie ist leicht zu finden in der Falte zwischen Arm und Körper, wenn der Kunde die Arme hängen lässt.
Berechnung
Hier gibt es für die Berechnung zwei unterschiedliche Formeln, welche je nach Größe des gesamten Brustumfanges verwendet werden. So wird der sich veränderten Proportion Rechnung getragen.
- Hemd: Brustumfang bis 112 cm: 2/10 Brustumfang ./. 1 cm, Brustumfang über 112 cm: 1/10 Brustumfang + 10,5 cm
- Weste: Brustumfang bis 100 cm: 2/10 Brustumfang + 0 – 1 cm, Brustumfang über 100 cm: 1/10 Brustumfang + 10 – 10,5 cm
- Sakko: Brustumfang bis 100 cm: 2/10 Brustumfang + 0,5 – 2,5 cm, Brustumfang über 100 cm: 1/10 Brustumfang + 10,5 – 12,5 cm
Modelllänge
Messung
Nach modischen Vorgaben Berechnung:
1/2 Körperhöhe ./. 10 – 13 cm
Der Betrag der abgezogen wird, variiert je nach Mode und Geschmack.
Beurteilung der gemessenen Maße
Da für unterschiedliche Figuren auch unterschiedliche Schnittkonstruktionen benötigt werden, ist es notwendig den Kunden, der entweder eine Normalfigur, untersetzte Figur oder Bauchfigur haben kann, richtig einzuteilen, um die richtige Berechnung und Konstruktion zu ermitteln. Bei untersetzten bzw. Bauchfiguren muss der Schnitt mit der sog. Bauchanlage gezeichnet werden. Hierzu wird der Brustumfang mit dem Taillenumfang verglichen:
Normalfigur
Der Taillenumfang ist ca. 8 – 10 cm kleiner als der Brustumfang.
Untersetzte Figur (auch leichte Bauchfigur genannt)
Der Taillenumfang ist ca. 0 – 6 cm kleiner als der Brustumfang.
Bauchfigur
Der Taillenumfang ist größer als der Brustumfang.
Alle restlichen Maße werden errechnet.
Brustbreite
- Hemd: Brustumfang bis 112 cm: 2/10 Brustumfang ./. 1 cm, Brustumfang über 112 cm: 1/2 Brustumfang ./. Rückenbreite
./. Armdurchmesser - Weste: 1/4 Brustumfang ./. 3,5 – 4 cm
- Sakko: Brustumfang bis 100 cm: 2/10 Brustumfang + 1 – 2 cm Brustumfang über 100 cm: 2/10 Brustumfang + 1,5 – 3 cm
Bauchbreite
Berechnet sich aus 1/4 Taillenumfang ./. 0,5 – 1 cm. Wenn die Bauchbreite geringer als die Brustbreite ist, bleibt sie bei der Konstruktion unberücksichtigt, es wird dann die Brustbreite verwendet– d.h. die Bauchbreite darf nicht kleiner als die Brustbreite
sein. Die Berechnung der Bauchbreite hängt jedoch auch von der Brustbreitenberechnung ab. So ist bei einer größeren Zugabe zur Brustbreite die Zugabe zur Bauchbreite ebenso zu erhöhen, damit die Proportionen erhalten bleiben. Beim Sakko ist von folgendem
Verhältnis auszugehen:
Bei einer Brustbreitenberechnung von:
Bb = 2/10 Bu + 0,5 – 1,0 cm
Bb = 2/10 Bu + 1,0 – 1,5 cm
Bb = 2/10 Bu + 1,5 – 2,0 cm
Bb = 2/10 Bu + 2,0 – 2,5 cm
ist die Bauchbreite wie folgt zu berechnen:
Ba = 1/4 Tu ./. 1,0 – 1,5 cm
Ba = 1/4 Tu ./. 0,5 – 1,0 cm
Ba = 1/4 Tu ./. 0,0 – 0,5 cm
Ba = 1/4 Tu + 0,0 – 0,5 cm
Armdurchmesser
- Hemd: 1/10 Brustumfang + 2,0 cm
- Weste: 1/8 Brustumfang + 0 – 0,5 cm
- Sakko: 1/8 Brustumfang + 2,5 – 5,5 cm
Gesamtmaß von Rückenbreite, Armdurchmesser und Brustbreite
Die Addition von Rückenbreite, Armlochdurchmesser und Brustbreite ergibt im Schnitt die fertige Weite in Brusthöhe. Hiervon wird zu Kontrollzwecken der halbe Brustumfang abgezogen und das Ergebnis ist die halbe Mehrweite in halber Brusthöhe. Mit Hilfe der Mehrweite kann man zum einen die Berechnung überprüfen und auf der anderen Seite mit etwas Erfahrung die Weite des Kleidungsstückes einschätzen. Durch diese Kontrolle bietet sich hier, noch bevor der Schnitt gezeichnet wurde, die Möglichkeit mit Hilfe veränderter Zugaben bei der Berechnung die Weite des Kleidungsstückes zu beeinflussen. Auf der anderen Seite kann man bereits mit Hilfe der Mehrweite im Maßsatz verschiedene Müller & Sohn – Konstruktionen auf die spätere Weite beurteilen und den gewünschten Schnitt auswählen.Hemd:
- Beim Hemd unterteilen sich die Mehrweiten in unterschiedliche Silhouetten:
- ca. 4 – 6 cm = schmale Form
- ca. 6,5 – 8,5 cm = normale Form
- ab ca. 9 cm = weite Form.#
- Weste: Bei der Weste darf die Mehrweite 3 cm nicht unterschreiten.
- Sakko: Beim Sakko ist die Mehrweite je nach Verarbeitung (mit / ohne Plack) oder Stoff (dick und hart / dünn und weich) in etwa so einzuschätzen:
- ca. 5,5 – 6,5 cm = schmal / Slim Fit
- ca. 6,5 – 8,0 cm = normal / Business
- ca. 8,0 – 9,5 cm = weit
Armlochtiefe
Berechnet aus der fertigen Rückenhöhe. Beim Hemd mit einem Abzug von 0 – 1 cm, bei der Weste ohne Abzug oder Zugabe und beim Sakko mit einer Zugabe von 2 – 3 cm (bei aufrechter Haltung oder Bauch noch etwas mehr).
Gesamter Spaltdurchmesser
Berechnet aus der Formel: 1/4 Hüftumfang ./. 4 – 5 cm. Der Spaltdurchmesser ist sozusagen die Breite des Körpers von vorne nach hinten. Es kann beispielsweise auf ein ausgeprägtes Gesäß eingegangen werden: der Abzug muss dann geringer sein, so dass der Spaltdurchmesser größer bleibt. Umgekehrt verhält es sich bei einer breiten Hüfte mit flachem Gesäß.
Vorderhosenspaltdurchmesser
Der Anteil des Spaltdurchmessers an der Vorderhose berechnet aus der Formel: 1/10 halber Hüftumfang + 1 cm.
Hinterhosenspaltdurchmesser
Der Anteil des Spaltdurchmessers an der Hinterhose berechnet aus der Formel: gesamter Spaltdurchmesser ./. Vorderhosenspaltdurchmesser.
Vorderhosenbreite
Berechnet aus der Formel: 1/4 Hüftumfang + 0 – 5 cm. Die Zugabe beeinflusst die Weite der Vorderhose. Zudem ist sie abhängig von Abnäher bzw. Bundfalte.
Hinterhosenbreite
Berechnet aus der Formel: 1/4 Hüftumfang + 2,5 – 4 cm. Die Zugabe beeinflusst die Weite der Hinterhose.
Gesamte Breite
Berechnet aus der Formel: Hinterhosenbreite + Hinterhosenspaltdurchmesser. Das Ergebnis wird halbiert für die Schnittkonstruktion benötigt.
Kniehöhe
Berechnet aus der Formel: 1/2 Schrittlänge + 1/10 Schrittlänge ./. 2 cm.
- Wer keinen Maßschnitt konstruieren möchte, kann mit den Maßen für die Konfektiongrößen der Herrenbekleidung aus unseren Größentabellen arbeiten.
Guten Tag,
gibt es auch eine Maßberechnungstabelle für Herrenbekleidungbei Ihnen zu kaufen?
Genauso wie es das bei der DOB gibt?
Mit Tabelle mit Formeln zur Berechnung der Hilfsmaße, Tabelle über Zugabenmaße und Maßtabelle der normalen Größen für Herren?
Liebe Grüße
Luisa Wichmann
Liebe Luisa, aktuell haben wir diese noch nicht. Wir geben dir gerne Bescheid, wenn sie verfügbar ist. Liebe Grüße
Hallo,
ich denke, die Angabe für die Rückenbreite ist hier wie auch im HAKA-Buch fehlerhaft. Es heißt: “die Rückenbreite wird waagerecht von Armansatz zu Armansatz […] gemessen.”
Bei den Damen heißt es korrekterweise:
“Die Rückenbreite wird waagerecht von der Rückenmitte nach links zum Armansatz gemessen. Dieses Maß ist ein etwas schwierig zu messendes Maß, weil oft ein getragenes Kleidungsstück die Körperkontur verdeckt. Es sollte also bestenfalls ein enges Unterhemd bei der Vermessung getragen werden. Die Rückenbreite kann auch von einem Armansatz zum anderen waagerecht gemessen werden und dann durch die Hälfte geteilt werden.”
Das passt dann auch mit der Maßtabelle auf Seite 12 im HAKA-Buch.
Und ich finde die Einsortierung von Fußweite und Modelllänge etwas unlogisch. Nach meinem Empfinden bräuchte es dafür eine weitere Kategorie von Maßen, die “beliebig” nach modischen Vorgaben festgelegt werden können und weder berechnet noch gemessen werden.
Viele Grüße
Tobias
Lieber Tobias,
da hast Du völlig Recht – es ist uns leider ein Fehler unterlaufen, wir werden das bei der nächsten Übertragung korrigieren.
Danke für Deinen Hinweis bezüglich der Einsortierung, werden wir uns das anschauen und überdenken.
Viele Grüße, Dein M. Müller & Sohn Team
Hi, please how do I get breast plate diameter for women?
Hallo,
ich würde gerne die Armlochtiefe berechnen. Im Text oben steht, DASS sie berechnet wird, nicht aber, wie. Bitte ergänzen!
Liebe Grüße
Agnes
Alle Formeln zur Berechnung findest Du in unseren Maßberechnungstabellen:
https://www.muellerundsohn.com/shop/massberechnungstabelle-fuer-herrenbekleidung/
Ich habe mir bei Ihnen das Buch “Haka Grundwissen” gekauft. Zur Berechnung der Armlochtiefe benötigt man die “Fertige RH” (Bsp. S. 60 /Hemden). Leider ist dort nicht erklärt (zumindest habe ich keine Erklärung gefunden), wie die die “Fertige RH” errechnet wird bzw. zustande kommt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie kurz Licht ins Dunkel bringen könnten.
Mit fertiger Rh ist das Maß der Rückenhöhe (Rh) inklusive Zugabe gemeint.
Danke für die Antwort:
So hatte ich es mir gedacht, und so ist es beim Grundschnitt T-Shirt auf Seite 50 auch nachvollziehbar. Beim Grundschnitt Hemd auf S. 60 handelt es sich dann wohl um einen Druckfehler:
At Armlochtiefe 28,4 cm = Fertige Rh ./. 1,0 -2,0 cm (1,4cm); also abzüglich 1,4 cm. Bei einer fertigen Rückhöhe von 27 cm hätte die At folglich 25,6 cm und nicht 28,4 betragen müssen. Also alles weniger kompliziert als vermutet :-).