Meister der Schnitt-Innovation
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Der Wert der Schnitttechnik wird neu entdeckt. Weltweit macht ein neuer Trend die Kunst der Schnittgestaltung wieder populär. Modeschulen in den USA, Kanada, Japan, Australien, Italien und England erweitern ihr Programm mit Vorträgen von Gastprofessoren. Die neue Generation kreativer Köpfe stellt dabei die Schnittentwicklung über den Entwurf. Das Design ergibt sich aus dem Prozess der Schnittgestaltung. In diesem Beitrag möchten wir über die neuesten Einflüsse im Bereich der Schnittgestaltung berichten.
Shingo Sato, innovativer Schnittmacher und Designer ist einer der führenden Köpfe einer neuen Bewegung in der Modebranche. Shingo Sato’s ”Transformational Reconstruction Technique“ (Umwandlung— und Wiederaufbau—Technik) ist eine Kombination aus zweidimensionaler Schnitttechnik und dreidimensionalem Drapieren an der Büste. Der Schnittmacher Wird dabei zum Designer mit intuitiven, künstlerischen und innovativen Methoden. Hauptziel demontieren und neu umzubauen. Diese Technik ermöglicht sowohl Experten als auch Amateuren kreative Studien und Experimente mit Schnitt und Design.
Diesen Artikel finden Sie in der Damenrundschau 2.2012.
Origami-Kleid
Shingo Sato kombiniert die Komplexität von Origami, Haute Couture, Schnitttechnik und Drapierung in seinen Entwürfen, die das Material in einer ungewohnt eleganten Nahtführung um den Körper fließen lassen. Futuristische Formen, optische Täuschungen und bewusstseinsverändernte Stoffübergänge sind sein Markenzeichen. Er formt seine Entwürfe mit traditionaler zweidimensionaler Schnitttechnik zu dreidimensionalen Effekten, schneidet sie oft in Wellen, Streifen und anderen geometrischen Mustern aus Stoff und Farbe. Das fertige Kleidungsstück scheint ein Geheimnis, da keine Mittel zur Montage sichtbar sind. Formgebende Nahtlinien wie Seitennähte und Armlöcher sowie Abnäher werden durch fließende Übergänge ersetzt. Zu seinen berühmtesten Modellen gehört der Wellen—Rock, das Origami-Kleid sowie der Akkordeon—Kragen.
Wellen-Jacke
Shingo Sato beginnt mit der NesseI-Hülle der Silhouette und fügt Fülle, dekorative Details, geometrische Aufbauten und Nahtführungen direkt an der Büste zu. Diesen Prozess hat er in Paris gelernt, als er seine Design-Karriere bei Azzedine Alaia begann.
Designfindung an der NesseI-Hülle
Das Einzeichnen der fließenden Modell-Linien erfolgt freihand direkt auf dem Nessel-Modell. Es ist ein sehr kreativer Prozess aber auch gleichzeitig eine gut durchdachte Umsetzung wichtiger schnitttechnischer Grundlagen. Am Beispiel der Wellen-Jacke wird gezeigt, wie die Nahtführung am Armloch aufgebrochen und umgewandelt werden kann, so dass am Ende des Design—Prozesses kein wirkliches Armloch mehr sichtbar ist.
Zuerst werden kritische Punkte am Übergang zwischen Rumpf und Ärmel markiert. Am vorderen und hinteren Ärmeleinsatzzeichen ändert sich die Richtung der Armkugel. Es ist sinnvoll die fließenden Linien über diese Punkte zu führen, damit die einzelnen Wellen-Schnittteile später besser flachliegen und somit genauer zugeschnitten werden können.
Heraustrennen der Schnittteile
Nach dem recht großzügigen Einzeichnen der Nahtführung Wird das Nesselmodell von der Büste genommen und zerschnitten. Dabei ist es sehr wichtig Zusammensetzzeichen zu markieren, da die Nahtführung sehr verwirrend ist. In Kurven oder an wichtigen Übergängen sollten dabei mehr Knipse eingezeichnet werden als an geraden Strecken.
Zuschnitt Nessel-Modell
Die Nessel-Schnittteile werden dann flachgebügelt und auf neuen Nessel aufgesteckt und für die nächste Anprobe mit Nahtzugaben zugeschnitten. Die Zusammensetzzeichnen werden in den Nahtzugaben eingeknipst und die Original- Nesselteile heruntergenommen.
Nessel-Jacke
Die wellenförmigen Schnittteile werden unter Beachtung der Knipse zusammengenäht und zur Verdeutlichung der Nahtführung doppelt abgesteppt. Man kann das Probemodell auch aus Kontrastmaterial zuschneiden, damit das Design besonders schön zur Geltung kommt.
Die Wellen-Jacke zeigt einen perfekten Fall des Ärmels der eigentlich nur bei einem eingesetzten Ärmel zu finden ist. Obwohl kein Armloch sichtbar ist und die Grenzen zwischen Rumpf und Ärmel verwischen, bleibt die Passform des Grundschnittes erhalten.
Geometrische Aufbauten Origami-Technik
Shingo Satos Drapierungstechniken lassen sich auch in der zweidimensionalen Schnittechnik und sogar am Computerschnitt umsetzen. Als Beispiel eignet sich die Origami-Faltmethode um plastische, geometrische Aufbauten zu kreieren.
Design
Fertige Schnittteile
Akkordeon-Kragen
Der Akkordeon-Kragen ist ein weiteres Beispiel für japanische Origami-Faltkunst, angewandt auf Schnittechnik für Bekleidung. Die vielen Lagen des Akkordeon-Kragens erinnern nicht nur an Viktorianische Kragen, sie beherbergen auch noch einen besonders raffinierten Effekt. Der Akkordeon- Kragen lässt sich, so wie der Name verspricht, auseinander ziehen und funktioniert gleichzeitig als Kapuze.
Fertige Schnittteile
Geometrische Aufbauten Ballon-Technik
Ein weiterer dreidimensionaler Effekt kann mit der Ballon-Technik erreicht werden. Die Silhouette des Designs wird dabei durch zusätzliche Fülle aufgebrochen. Die Ballon-Einsätze scheinen aus dem Kleidungsstück herauszuwachsen, ohne dass Raffungen an den Nähten ersichtlich sind.
Fertige Schnittteile
Alle Schnittteile herauskopieren. Jeden Streifen so vorbereiten, wie in Zeichnung 6 und 7 beschrieben und jeweils die grau markierten Bereiche mit den erweiterten Ballonteilen ersetzen. Die Kneifbeträge der seitlichen Abnäher zusammenlegen. Alle Nahtverläufe ausgleichen. Zusammensetzzeichen markieren.