Produkt: Rundschau für Internationale Damenmode 6/2016
Rundschau für Internationale Damenmode 6/2016
Rundschau für Internationale Damenmode 6.2016 Digital

Haute Couture – Die hohe Schneiderkunst

Haute Couture Kleider von Dior, Gaultier und Chanel
Inspiration Runway: Haute Couture Kleider von Dior, Gaultier und Chanel bei der Schau für Herbst/Winter 2019/20. (Bild: catwalkpix)

Handwerk zwischen Kunst und Mode

Die jährlich zweimal stattfindenden Haute-Couture-Schauen in Paris sind das Highlight der Modewelt. Die Couturiers großer Modehäuser präsentieren hier ihre handgefertigten, hochexklusiven Unikate. Wie die Haute Couture entstand, wer die Kunden dieser exquisiten Mode sind und was die Kriterien der hohen Schneiderkunst sind erfahren Sie hier.

Was ist Haute Couture?

Wortwörtlich übersetzt bedeutet Haute Couture „gehobene Schneiderei“. Als Haute Couture werden – im Gegensatz zur Prêt-à-porter – individuell, handangefertigte Kreationen der Damenmode im obersten Preissegment bezeichnet. Das Handwerk der Haute Couture ist die Königsdisziplin der Mode. Der Begriff Haute Couture ist in Frankreich juristisch geschützt. Ob sich ein Modehaus ‘Maison de Couture’ nennen und den Begriff ‘Haute Couture’ für seine Kreationen nutzen darf, entscheidet das Komitee der Fédération de la Haute Couture et de la Mode (FHCM) nach streng festgelegten Kriterien. Die Designer und Modehäuser müssen sich jedes Jahr aufs Neue bewerben. Die Anforderungen des Pariser Modeverbands sind streng, wurden jedoch in den letzten Jahren aufgrund der zurückgehenden Zahlen der Couture-Ateliers etwas entschärft.

Haute Couture Model auf dem Laufsteg in Paris
Inspiration Runway: Haute Couture von Valentino, Ralph & Russo und Armani. (Bild: catwalkpix)

Um in dem Kreis der Haute Couture aufgenommen zu werden, müssen folgende Kriterien erfüllt werden:

  • Es müssen mindestens 35 maßgeschneiderte Looks während der Pariser Haute Couture Woche vor der Presse präsentiert werden.
  • Jedes Teil muss ein maßgeschneidertes und handgefertigtes Unikate sein
  • Die Unternehmen müssen ein Atelier mit mindestens 20 Angestellten betreiben.
  • Das Atelier des Hauses muss seinen Standort in Paris haben.

 

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Allerdings genehmigt die Fédération de la Haute Couture auch Ausnahmen. So dürfen auch Modehäuser wie Versace, Valentino und Armani als membre correspondant (ausländische Korrespondenz) an den Haute-Couture-Schauen teilnehmen. Zusätzlich gibt es auch saisonale Gastmitglieder.

Bei den Schauen für Frühjahr/Sommer 2019 nahmen 13 Grand Couturiers (Chanel, Dior, Givenchy, Jean Paul Gaultier, Stephane Rolland, Alexis Mabille, Giambattista Valli, Schiaparelli, Franck Sorbier, Maison Margiela etc.), vier Korrespondenz Mitglieder (Viktor & Rolf, Valentino, Elie Saab und Armani Privé) und 13 zusätzliche Gastmitglieder (Iris van Herpen, Ralph & Russo, Guo Pei, Ronald van der Kemp, Xuan etc.) teil. Weitere Modehäuser mit langer Haute Couture Tradition sind zum Beispiel Yves Saint Laurent, Ungaro, Balenciaga, Givenchy und Lanvin.

Geschichte der Haute Couture

Während Prêt-à-porter-Mode auf eine relativ kurze Geschichte zurückblickt, hat die Haute Couture eine lange Tradition. Als Begründer der hohen Schneiderkunst gilt der englische Modeschöpfer Charles Frederick Worth, der Mitte des 19. Jahrhunderts das erste große Modehaus in Paris gründete.  Er ließ die teuren Roben erstmals von Mannequins vorstellen. Maßgebliche Einflussgeber auf die Mode des 20. Jahrhunderts sind französische Couturiers wie Coco Chanel, Yves Saint Laurent und Christian Dior. Durch sie wurde Paris zur internationalen Modehauptstadt und Zentrum luxuriöser Damenmode.

Haute Couture Mode
Kreation von Modeschöpfer Paul Poiret, 1912 (l.), Haute Couture de la Maison Christian Dior, 1955.
  • Im Jahre 1868 wurde der Verband „Chambre Syndicale de la Couture Française“, zur weltweiten Vertretung der Interessen des Schneiderhandwerks, in Paris gegründet. Später wurde er in „Fédération de la Haute Couture et de la Mode“ umbenannt.
  • 1927 wurde in Paris von dem Modeverband die exklusive Modeschule École de la chambre syndicale de la couture parisienne (ECSCP) gegründet.

Zweimal jährlich erfreut sich die internationale Modewelt an den imposanten Kreationen der Haute Couture Paris, welche während der exklusivsten aller Fashion Weeks, der Haute-Couture-Show in Paris präsentiert werden.

Neben der Stärkung des Marken-Images werden Haute-Couture-Kleider heute hauptsächlich zur Aufmerksamkeit in den internationalen Medien gezeigt und um umsatzstärkere Produkte wie Kosmetik und Accessoires zu bewerben. Im Gegensatz zu früher wird die hochexklusive Mode mit Preisen von bis zu hunderttausend Euro pro Kleid nur noch von einem sehr kleinen Kreis betuchter Kundinnen gekauft und meist als Wertanlage oder Kunstwerk betrachtet. Aber auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Haute Couture stark nachlässt, hat sie doch großen Einfluss auf internationales Modedesign.

Wer kauft heute Haute Couture?

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Damen-Rundschau 09.2019. Die Modeseiten dieser Ausgabe widmen sich der Haute-Couture H/W 2019/20. Wir zeigen hier die Highlights der Pariser Modewoche.

Um 1860 kam Frederick Worth, dem Begründer der Haute Couture, die Idee, Etiketten mit seiner Signatur in seine Designs einzunähen. Danach wollten Damen hoher Klasse ausschließlich Mode namhafter Couturiers tragen. Aber wie viele Menschen wissen heute noch die handgefertigten Einzelstücke zu schätzen und sind bereit, den hohen Preis zu zahlen? Millionen für die Mode Gleich mehrere Näherinnen sind mit der wochenlangen Handarbeit beschäftigt, die ein nach Maß und auf Bestellung fabriziertes Kunstwerk der Haute Couture bedarf.

Haute Couture Model auf dem Laufsteg in Paris
Inspiration Runway: Haute Couture von Grimaldi, Guo Pei und Viktor & Rolf. (Bild: catwalkpix)

Nur noch wenige Modehäuser bieten diesen exklusiven und in jeder Hinsicht aufwendigen Service an. Der britische Designer Scott Henshall fertigte anlässlich der Premiere von Spiderman II ein Diamantenkleid für die Schauspielerin Samantha Mumba an. Der Preis: acht Millionen Euro. Die meisten Menschen besitzen nicht so viel Kleingeld und stecken ihr lang Erspartes lieber in Immobilien. Was ist letztlich die gewinnbringendere Geldanlage? Als das Auktionshaus »Sotheby’s« 2015 zum ersten Mal Haute Couture verschiedener Designer versteigerte, wurde der geschätzte Wert um Längen überboten. So brachte eine mit Straußenfedern verzierte Robe der Marke Balenciaga 56.250 Euro ein. »Sotheby’s« hatte den Wert des Kleides zuvor auf 6000 bis 8000 Euro geschätzt.

Liebhaber der Haute Couture, die an solchen Auktionstagen die Preise in die Höhe treiben, gibt es allerdings immer weniger. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kaufkraft geringer ist. Als Christian Dior 1947 mit seinem besagten New Look die Silhouette der Frau neu inszenierte, betrug die Zahl der Haute-Couture-Kundinnen weltweit ungefähr 20.000. In den Folgejahren entzückten Marella Agnelli und Grace Kelly in den aufwendig verarbeiteten Kreationen und lösten damit in vielen Frauen den Wunsch aus, ebenfalls die kostbare Mode tragen zu können. Heute gibt es nur noch rund 4.000 Haute-Couture-Käuferinnen auf der ganzen Welt, ihre Kaufbereitschaft ist jedoch wesentlich höher als früher. »Bain & Company« untersuchte das Kaufverhalten in einer Studie und stellte überraschenderweise fest, dass auf eine Kundin früher etwa fünf Haute-Couture-Anfertigungen kamen, während die Käuferin von heute gerne zwanzig auf einen Schlag kauft.

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Haute Couture – Gibt’s nicht per Mausklick In der Vergangenheit hatten hauptsächlich ältere Frauen einen Zugang zu der luxuriösen Mode. Heutzutage wird die Kundschaft immer jünger und Haute Couture wird in den sozialen Medien noch sichtbarer. In den ersten Reihen der Couture-Schauen sitzen nun nicht nur Modeexperten, Stars und Stammkunden, sondern auch junge Influencer, die fleißig jedes vorgeführte Modell per Live-Übertragung mit der großen Zahl an Followern teilen. Um die Zukunft in den eigenen Händen zu behalten, lernen Marken die Sprache der Millennials, ohne dabei jedoch ihre Muttersprache zu vergessen Mit 18 Millionen Abonnenten zählt zum Beispiel die Italienerin Chiara Ferragni zu den erfolgreichsten Blogerinnen weltweit. Für ihre Hochzeit im Jahre 2018 fertigte ihr Dior-Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri höchstpersönlich rund drei personalisierte Brautkleider an. Und auch wenn ein Großteil der Abonnenten der Selfmade-Millionärin noch nicht einmal volljährig ist, besteht für Luxusmarken dennoch ein hohes Interesse an einer Kooperation, da mit solchen Kampagnen potenzielle, zukünftige Kundinnen angesprochen werden.

Dior gibt außerdem auf Instagram mit faszinierenden Making- Off-Videos einen Einblick in die magische Atelierarbeit und lässt mit jedem Nadelstich das Herz eines jungen Modeliebhabers höherschlagen. Die Videos ergeben mit klassischer Musik und schnellen Nahaufnahmen der Näharbeiten eine perfekte Inszenierung, die zwar modern ist, dem traditionellen Handwerk jedoch gerecht bleibt. Chanel macht es ähnlich, greift aber in einigen Making-Off-Videos zu stärkeren Beats. Alles in Allem übt es eine Anziehungskraft aus. In unserer schnelllebigen Zeit sind die Betrachter der Videos fasziniert davon, dass sie das Modell nicht einfach per Mausklick bestellen können. Es ist eine Kreation aus feinstem Material, die intimer nicht sein könnte. Das exquisite Kleidungsstück ist schließlich vom Designer und einem Team von Couturiers individuell angefertigt und der Kundin auf den Leib geschnitten worden. Die 19 bis 35-Jährigen machen laut »Bain & Company« rund 45 Prozent des weltweiten Verkaufs von Luxusgütern aus. Sie sind Töchter, Erbinnen, Ehefrauen und Geschäftsfrauen aus Asien oder Osteuropa. Damit sie sich mit der erstklassigen Mode auf dem Laufsteg und in den Kampagnen identifizieren können, werden die Models auf die Kundin abgestimmt. Dabei ist es wichtig, dass das gesamte Einkaufserfahrung perfekt auf die exklusiven Kunden abgestimmt ist. Denn gezahlt wird nicht nur für das Kleidungsstück an sich, sondern für die gesamte »Experience«.

Kunstvolle Applikationen und Pailletten-Stickereien, Handrollierte Säume, schwingende Godets und nostalgische Smokarbeiten  – In unserem Fachbuch ATELIER – FACHWISSEN AUS DER PRAXIS  finden Sie viele interessante Anleitungen für die verschiedensten handwerklichen Techniken zur Dekoration von Haute Couture Kleidern.

Produkt: Rundschau für Internationale Damenmode 10.2019
Rundschau für Internationale Damenmode 10.2019
Fachzeitschrift für internationale Damenmode und Schnitt-Technik +++ Tanzbekleidung +++ Transparenz +++ Verarbeitung: Knopfleisten

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ein toller Artikel über die Hohe Mode! Ich freue mich, dass es auflebt und ich bereits den ersten Schritt in die Richtung gemacht habe. Einen ersten Schritt in die interessante Welt der Mode, der Entwicklung , der Innovation…..

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