Pailletten aufnähen
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Pailletten – Glitzernd, schimmernd, geheimnisvoll, eine Mischung aus Glanz und Talmi, aus Eleganz und Halbseidenem, aus Edlem und Dekadentem. Das Kleid ist eine Bühne und die schönen glitzernden Stoffe bilden die Kulisse. Besonders schön läßt sich bei der Gestaltung von Abendmode mit Pailletten spielen. Ob klassisch in Silber oder mehrfarbig schimmernd, groß oder klein, rund oder eckig, dezent oder plakativ –Pailletten sind total im Trend.
Inhalt
- Was sind Pailletten?
- Effekte durch Form und Anordnung von Pailletten
- Wem stehen Paillettenstoffe?
- Applikationen aus Pailletten
- Paillettenstoff nähen
- Verarbeitung von Paillettenstoff mit Ripsband
- Mit Pailletten stricken
- Welche Nadel für Pailletten?
Diese feinen Kunststoffplättchen schimmern, glänzen und verbreiten dabei etwas Unwirkliches. Durch das Glitzern verschwimmen die Konturen, das Bild ist nicht mehr ganz greifbar. Große Stars haben sich diese Wirkung zunutze gemacht. Durch den fernen Glanz bekamen sie eine Aura von Unnahbarkeit. So wurden sie wahrhaftig zu Stars, zu Sternen, die von weitem leuchten. Der Begriff Paillette stammt ursprünglich aus dem Französischen (paille) und bedeutet Streu oder Flecken. Pailletten wurden erstmals aus gewalzten Drahtringen hergestellt. Heute werden sie aus Kunststoff und in vielen, schimmernden Farben hergestellt.
Was sind Pailletten?
Pailletten sind ein Material des 20. Jahrhunderts. Das liegt zum einen daran, daß sie ihre Wirkung nicht im Kerzenlicht, sondern in künstlichem Licht, vor allem im Scheinwerferlicht, am besten entfalten. Und das liegt daran, daß moderne leichte Kunststoffe ideale technische Bedingungen für die Paillettenkunst schaffen. Pailletten müssen leicht sein, um ihre Trägerin nicht in die Knie zu zwingen. Waren beispielsweise auf Marlene Dietrichs berühmtem Bühnenkleid, in das sie sich angeblich einnähen ließ, um die 200 000 Pailletten befestigt. Wäre da auch nur ein kleiner Metallanteil dran, würde er einen umwerfen. Pailletten müssen elastisch sein. Sie dürfen nicht zu leicht knicken oder brechen, denn jede irdische Beschädigung nimmt dem Kleid den überirdischen Glanz. Darum müssen die Stoffe auch wirklich kunstvoll genäht sein, sodass sie gut halten und ihre Wirkung entfalten können.
Die billigen Pailletten-Elastics, die man im Kaufhaus kaufen kann, lassen niemanden von Sternen träumen. Pailletten können durch die Herstellungstechniken die verschiedensten Effekte erzielen. Sie können halbtransparent irisieren und haben dann etwas von Fischschuppen, die in der Sommersonne glänzen. Sie können kräftige Farben ohne Metallic-Effekt haben und entfalten in Ornamenten dann eine orientalische Pracht oder sie erinnern an die schönsten Kacheln. Sie können metallisch glänzen und glitzern, als kämen sie direkt vom Mond oder von der Milchstraße. In Silber sind sie fast noch effektvoller als in Gold. Sie können aber auch wie die sogenannten Holo-Pailletten in mehreren Farben glänzen.
Effekte durch Form und Anordnung von Pailletten
Pailletten werden meist aufgenäht, dafür sind sie mit einem kleinen Loch versehen, man kann sie aber auch aufkleben. Pailletten können übereinander geschichtet befestigt werden, was ihnen den Schuppeneffekt gibt. Sie können aber auch nebeneinander gelegt sein und wirken dann fast wie ein Kettenhemd. Feine Paillettenbänder können als Fransen aufgesetzt werden. Die klassischen Pailletten sind rund mit einem Durchmesser von etwa 5 mm. Ganz unerwartete Effekte lassen sich aber auch mit neuen Paillettenformen erzielen. Feine Folienstreifchen allover aufgesetzt wirken wie überirdische Pelze. Polkatupfengroße Pailletten oder Plastikscheibchen, an Bändchen befestigt, wirken hingegen gen wie Blätter und Blütenranken, die die Trägerin umschweben.
Wem stehen Paillettenstoffe?
Die Schilderungen der besonderen Wirkung von Pailletten machen schon deutlich, daß Pailletten auch besondere Ansprüche an ihre Trägerin stellen. Überlegen Sie gut, welche Form und Fülle der Pailletten sie wählen. Und welche Art von Pailletten für Sie in Frage kommen.
- Wer Pailletten trägt, sollte eine gewisse natürliche Eleganz und Leichtigkeit mitbringen. Allzuviel Erdenschwere verträgt sich nicht mit dem flimmernden Material.
- Pailletten, die allover verarbeitet sind, stellen auch besondere Ansprüche an die Figur der Trägerin. Zum einen tragen sie durch die Schichten übereinander ein Stückchen auf. Zum zweiten lassen sie die Figur durch den Glanzeffekt eher etwas üppiger wirken. Und zum dritten zeichnen sie die Figur gnadenlos nach. Jede Kurve, jede Unebenheit – nichts bleibt verborgen.
Paillettenstoffe werden überwiegend sehr körpernah verarbeitet, um so auch den Schlangencharakter herauszuarbeiten. Dabei spielt man auch gern mit Gegensätzen zwischen weiblich und männlich, beispielsweise bei Smokings oder Fräcken aus Paillettenstoffen. Weiter geschnittene Formen haben zwar durch die Schwere des Stoffs einen schönen Fall, doch wirken sie dann leicht plump. Diese Besonderheiten kann man sich natürlich zunutze machen, indem man Pailletten nur ganz gezielt einsetzt. Pailletten-Corsagen zu flatternden, halbtransparenten Abendröcken oder Paillettenpartien nur an der Brust oder rund ums Dekolleté können ein bisschen mehr wirken lassen, als wirklich da ist. Und wo zu viel ist (um Bauch und Hüfte beispielsweise), wird es ohne Pailletten locker überspielt. Eine weitere Art Pailletten einzusetzen: als Stickerei-Effekt auf Drucken. Schmale Paillettenstreifen zeichnen einzelne Kanten oder Motive von Drucken nach, betonen und erhöhen sie. Sehr wertvoll, sehr edel, sehr couturig! Und viel effektvoller, als wenn man nur Glanzeffekte einweben würde.
Applikationen aus Pailletten
Haben Pailletten etwas Überirdisches, sind Applikationen eher ein Stück künstliche Wirklichkeit. Sie imitieren oft Gegenstände, vor allem Blüten – mal ganz realistisch und mal stilisiert. Ausgeschnitten, umstickt, vielleicht auch thermisch verformt, einfarbig oder in mehreren Farben kombiniert, geben sie Abendkleidern etwas Leichtes, Schwebendes, in Pastell durchaus Feenhaftes. Sanfte und verspielte Frauen kommen mit Applikationen schön zur Geltung, während Pailletten eher eine Frau mit Talent zur Femme fatale verlangen. (C. B.)
In unserem Shop finden Sie viele verschiedene Schnittmuster für Kleider die in Paillettenstoffen genäht oder mit Pailletten-Applikationen verziert werden können.
Paillettenstoff nähen
Pailletten sind auch als Meterware im Stoffhandel erhältlich. Sie werden dann direkt bei der Stoffherstellung auf die verschiedensten Materialien – auch auf Stretch – aufgebracht. Inzwischen sind sie in fast jeder Größe erhältlich. Für die kommende Herbstsaison gibt es große Schuppenpailletten aus Kunststoffen, welche im Licht in allen Regenbogenfarben schillern. Diesen Beitrag finden Sie in der Damenrundschau 10.2011.
Verarbeitung von Paillettenstoff
Die Verarbeitung von Pailletten erfordert vor allem eines: Geduld. Zur ersten Anprobe empfiehlt es sich eine Moulure (Nesselmodell) herzustellen. Zum Schließen der Nähte und Abnäher werden in diesen Regionen sämtliche Pailletten entfernt. Sie würden sonst die Trägerin trotz des Futters pieksen oder die Strümpfe beschädigen. Sollten nach dem Nähen Paillettenlücken entstanden sein, können diese mit den abgetrennten Pailletten von Hand wieder aufgefüllt werden. In folgendem Beispiel wurde die Webkante mit dem breiten, unbestickten Teil in die vordere Verschnittlinie des Rockmodells integriert.
Schnittkonstruktion
Geraden Rock mit verstürzter Taille konstruieren, Saum wenig verengen. Das Schnittmuster im Ganzen kopieren. Vorne Verschnittlinie links einzeichnen. Bei einem nicht dehnbaren Grundmaterial Schlitzhöhe bestimmen
Zuschnitt
Der Rock wird offen zugeschnitten, da es vielfach nicht möglich ist den Paillettenstoff exakt in Bruch zu legen.
- Die vordere Verschnittlinie direkt neben den breiten unbestickten Teil aufstecken (Bild 1).
- Den gesamten Rock mit folgenden Nahtzugaben zuschneiden: Seitennaht 2 cm, Taille und Saum je 1 cm. Der Saum wird mit einem 6 cm breiten Futter- oder Satinstreifen verstürzt. Das Futter muss farblich exakt mit dem Paillettenstoff übereinstimmen, da es auf der rechten Seite ein wenig hervorblitzt. Falls der Paillettenstoff dehnbar ist, muss der Futter- oder Satinstreifen ebenfalls dehnbar sein.
Stoff Fixieren
- Zur Fixierung der Taille wird eine Stepplinie mit der Maschine eingezogen, da sich beim Kleben der Taille die Pailletten verformen und schmelzen könnten. Der Rock wird direkt mit dem Futter verstürzt. Das Futter oben mit einer Klebeeinlage in Besatzbreite und einem Nahtband sichern. Den Futter- bzw. Satinstreifen zum Verstürzen des Saumes bekleben.
Schnittmusterteile markieren
- Den ganzen Rock mit Faden bezeichnen. Evtl. die Seitennähte und den Saum mit Kreide auf der linken Seite einzeichnen.
Nähen
- Alle Pailletten, die sich außerhalb der Bezeichnung der Nähte, Abnäher, Taille oder des Saumes befinden, müssen entfernt werden.
- Zur Fixierung der Taille mit der Nähmaschine eine Steppnaht einziehen.
- Die Webkante des unbestickten Teils mit der Overlock zu einem Rollsaum verarbeiten. In folgendem Beispiel, wo der Grundstoff dehnbar ist, wurde ein Zweifaden-Rollsaum angewendet. Bei einem festen Grundstoff kann ein Dreifaden-Rollsaum schöner aussehen. Hier gilt ausprobieren. In der Taille und dem Saum die 1 cm breite Nahtzugabe einlaufend zur Verschnittlinie overlocken.
- Die Verschnittlinie links auf links legen und direkt neben den Pailletten mit Hilfe des Reißverschlussfußes die Naht schließen.
- Die unbestickte Nahtzugabe stehen lassen, nicht flach bügeln.
- Die Abnäher stecken und von der Taille abwärts nähen. Den Faden am Schluss verknoten. Den Abnäher von hinten mit einem Tuch ohne Dampf zur Mitte bügeln. Vorher an einem Reststück ausprobieren.
- Die Seitennaht rechts auf rechts stecken und mit dem Reißverschlussfuß nähen. ebenfalls die Nahtzugabe von hinten, ohne Dampf und mit einem Tuch auseinanderbügeln und overlocken.
- Saumstreifen mit Querstecknadeln auf den Rock stecken.
- Den Saumstreifen auf der Paillettenseite bei 1 cm annähen.
- Ohne die Pailletten zu berühren, den Saumstreifen flach bügeln.
- Mit Hinterstichen die unterste Paillettenreihe von Hand annähen, damit sie sich nicht lösen können. Fehlende Pailletten hinzufügen.
- Den Saumstreifen bügeln, so dass ein wenig des Streifens nach vorne blitzt. Die Pailletten sollten nicht länger sein als der Saumstreifen, da sie sonst die Strümpfe beschädigen könnten.
Verarbeitung von Paillettenstoff mit Ripsband
Zuschnitt
Bei folgender Nahtverarbeitung werden die Nähte ohne Nahtzugaben zugeschnitten.
Verarbeitung
Diese Verarbeitungstechnik kann als Seitennaht oder bei Verschnittlinien angewendet werden.
- In folgendem Beispiel beträgt die Breite des Ripsbandes 2,2 cm. Nun werden von der Schnittkante der Nähte je 1,1 cm der Pailletten entfernt. Die Schnittkanten mit einem Zick-Zack-Stich zusammennähen.
- Das Ripsband mit Querstecknadeln aufstecken .
- Mit dem Reißverschlussfuß das Ripsband kantig auf beiden Seiten aufsteppen.
Mit Pailletten stricken
Hier zeigen wir wie ein Pailletten-Blattmuster in einfacher aber wirkungsvoller Schuppentechnik mit Pailletten gestickt wird. Eine Technik, die bei vielen Stickereiornamenten angewendet werden kann. Durch die Verschiedenheit der Pailletten in Farbe, Glanz, Transparenz und Form werden kontrastreiche Akzente gesetzt. Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Fachbuch Atelier – Fachwissen aus der Praxis Teil 1.
Vorbereitung
- Beim Zuschnitt des zu bestickenden Kleidungsstückes sollten die Nahtzugaben großzügiger berechnet werden.
- Zuschnitt eventuell unterfüttern/ mit Vlieseline verstärken.
- Motiv mit Bügelmusterstift auf Seidenpapier zeichnen. Zeichnung auf den Stoff legen und heiß aufbügeln. Die Zeichnung darf nicht verrutschen.
- Zur Paillettenstickerei benötigt man einen Rahmen, groß genug, um das gesamte Motiv einzuspannen. Sehr zweckmäßig sind Keilrahmen (30 bis 150 cm Länge), leicht montierbar und variabel. Es empfiehlt sich Organza als Trägerstoff mit Heftzwecken sehr straff auf dem Rahmen zu befestigen und erst dann den Zuschnitt aufzulegen und anzuheften.
Konturen sticken
- Begonnen wird mit der Außenkontur der Blätter. Jeweils von der Blattspitze ausgehend schuppt man die Pailletten nach oben. Am Anfang macht es etwas Mühe, den Steppstich in der exakten Länge zu sticken.
- Nachdem die Konturen gestickt und an einigen Stellen verstärkt sind, beginnt man mit der mittleren Blattader – wieder von der Blattspitze nach oben zu arbeiten. Danach werden die äußeren Adern der Blätter von außen nach innen geschuppt.
- Beim zügigen Arbeiten sollte man auf den Abstand der 1/2 Paillettengröße achten.
- Die Löcher der Pailletten sind sichtbar.
Tipp: Mit der Nadel, die zwischen Daumen und Zeigefinger liegt, stechen Sie in das Loch der Paillette und halten diese mit dem Zeigefinger auf der Nadel bis der Stich ausgeführt ist.
Aussticken der Flächen
- Falls man Farbänderungen vornehmen will, sollte man sich jetzt ein Konzept machen. Man stickt immer parallel zu den Außenadern Reihe um Reihe die andersfarbenen Pailletten – wieder von der Außenkante zur Blattmitte. Falls notwendig dünne Hilfslinien einzeichnen. Der Reihenabstand sollte so sein, dass sich die Pailletten ganz leicht überlappen.
- Die letzte Paillette der einzelnen Reihen sollte halb unter der schwarzen Paillette der mittleren Blattader liegen.
Tipp: Machen Sie eine Probe und streichen Sie mit dem Finger in entgegengesetzte Richtung über Ihre Paillettenreihe. Bleiben alle Pailletten fest liegen und verrutschen nicht, dann sind Rückstick und Abstand gut.
Welche Nadel für Pailletten?
Zum Auffädeln von Pailletten kann man extra dünne und lange Nadeln, mit besonders schmalem Öhr, sogenannte Perlnadeln, kaufen. Für die traditionelle Handwerks-Technik der Tambourstickerei, die bei den edlen Roben der Pariser Haute Couture zum Einsatz kommt, gibt es eine spezielle Nadel mit Haken (Tambournadel). Zum nähen von Paillettenstoffen mit der Nähmaschine, sollte man darauf achten dass man eine etwas stärkere Nadel verwendet. Eine Anleitung zur Tambour-Stickerei findet Ihr hier.
In unserem Shop finden Sie viele verschiedene Schnittmuster für Kleider die in Paillettenstoffen genäht oder mit Pailletten-Applikationen verziert werden können.