Der japanische Kimono
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Der japanische Begriff „Kimono“ heißt wörtlich übersetzt „Anzieh-Sache“. Unter dem Begriff Kimono versteht man traditionell die komplette Bekleidung inklusive Unterbekleidung, Socken und Schuhe. Im Westlichen bezeichnet man als Kimono jedoch das traditionelle japanische Gewand mit weiten Ärmeln und ohne Verschlüsse. Der Kimono wird knöchellang getragen und links über rechts geschlossen. Beim Anlegen wird darauf geachtet, dass der Kragen einige Zentimeter vom Hals absteht. Die Breite und Länge der japanischen Stoffballen ist maßgebend für die Schnittgestaltung und Größe des Kimonos. Die gewebten Stoffstreifen sind jeweils zwischen 36,5 cm und 39 cm breit und ca. 12 m lang. Ein Stoffballen ist genau ausreichend für einen Alltags-Kimono. Es wird so wenig wie möglich zugeschnitten, damit die Webkanten erhalten bleiben und die Nahtzugaben nicht versäubert werden müssen. Je nach Körpergröße und Hüftumfang werden die Stoffstreifen mit mehr oder weniger Nahtzugabe abgenäht, um so die Größenanpassung vorzunehmen.
Welche Stoffqualitäten verwendet werden, hängt vom jeweiligen Anlass und Kimonotyp ab. Für festliche Anlässe wird der Kimono natürlich aus Seide gefertigt. Es gibt verschiedene Qualitäten wie z.B. Tsumugi (aus gefärbten Seidensträngen gewebte Rohseide), Rinzu (einfarbig gewebter, bedruckter oder bemalter Seidendamast), Habutae (schwarzer, sehr fester Seidenstoff für formelle Anlässe), Sha (Seide in loser Webtechnik). Für den Alltag werden im Herbst und Winter Wollkimonos getragen. In der wärmeren Jahreszeit verwendet man Baumwoll- und Leinenkimonos. Auch Kunstseide und andere Synthetiks kommen für informelle Anlässe immer mehr zum Einsatz, da sie pflegeleicht und kostengünstig sind.
Schnittkonstruktion eines Kimonos
Wie man einen traditionell japanischen Kimono mit Obi, dem passenden Bindegürtel konstruiert zeigen wir hier.
1 Vorder- und Rückenteil:
An einer senkrechten Grundlinie die Länge nach unten messen und abwinkeln. Vom Ausgang 1/8 Halsansatz umfang (Hsu) nach unten messen und nach links abwinken. Halsspiegel mit 1/4 Halsansatzumfang + 2 cm nach links messen und nach oben zur Ausgangshöhe abwinkeln. Rt-Halsloch einzeichnen, wie in der Zeichnung ersichtlich. Die Schulterweite mit 1/4 Hüftumfang + 4 cm bis 8 cm vom Wirbelpunkt nach links messen. Die Zugabe je nach Körpermaß wählen. Die Schulterweite plus Nahtzugaben sollte die Stoffballenbreite nicht überschreiten. Für sehr starke oder große Figuren empfiehlt sich eine Sonderanfertigung mit breiteren Stoffbahnen.
Die Schulternaht auf 1/2 Spannweite verlängern. Die Spannweite kann von Handgelenk zu Handgelenk gemessen oder errechnet werden. Im westlichen Bereich trägt man die Ärmel etwas oberhalb des Handgelenkes. Die Ärmelweite plus Nahtzugaben sollte die Stoffballenbreite nicht überschreiten. Von der Schulterweite und der Ärmelweite nach unten abwinkeln. Ärmellänge wie gewünscht festlegen. Handweite markieren. Armlochhöhe mit 112 cm Vorderlänge festlegen.
Die Falte unterhalb der Vorderlänge deutet den Betrag an, der beim Umlegen und Binden des Kimonos von der Länge nach oben als Falte abgelegt und gebunden wird. Die Ausschnitttiefe an der vorderen Mitte mit 14 – 16 cm festlegen und den Kragen nach Vorlage ein zeichnen. Die fertige Kragenbreite variiert von 5 cm bis 9 cm. Vorderteilnaht und Übertritt einzeichnen, wie in der Zeichnung ersichtlich. Halsloch im Rückenteil ausmessen und den Kragenstreifen entsprechend verlängern.
2 Schnittfertige Teile
Alle Schnittteile auskopieren. Ärmel spiegeln. Halsloch im Rückenteil ausmessen und Kragen entsprechend verlängern. Kragen spiegeln. Alle Nahtverläufe ausgleichen. Fadenlauf angeben.
Die Länge:
Die Länge des Kimonos entspricht mindestens der Körpergröße der Trägerin. Bei sehr großen oder stark gebauten Figuren kann die Länge sogar mit etwas Zugabe zur Körperhöhe festgelegt werden. Der Kimono wird so angelegt, dass der Saum knapp über den Füßen hängt. Dann wird der Kimono mit einem weichen Band an der Hüfte gebunden. Die überhängende Länge wird in eine Falte gelegt und mit der Stoffschärpe, dem Obi, fixiert.
Ärmellänge:
Die Ärmellänge eines Kimonos wird vom jeweiligen Familienstand der Trägerin und vom zeremoniellen Anlass bestimmt. Verheiratete Frauen tragen ihren Kimono mit kürzeren Ärmeln mit ca. 40 bis 50 cm Länge (Tomesode). Furisode Kimono (Furi=schwingend, Sode=Ärmel) ist ein Kimono mit langen, schwingenden Ärmeln für junge, unverheiratete Frauen. Die Ärmellänge der Furisode variiert von 75cmbis 105 cm.
Variationen der Ärmellänge bei Furisode Kimonos:
Ko-Furisode:
Furisode mit kürzeren Ärmeln (75 cm)
Chu-Furisode:
Furisode mit halblangen Ärmeln (90 cm)
Oh-Furisode:
Furisode mit langen Ärmeln (105 cm) Um das Verhältnis der Ärmellänge zur Körperhöhe auf westliche Größen zu übertragen , kann die Ärmellänge mit Hilfe der folgenden Formeln errechnet werden:
Tomesode = Kh/3 + (-2 cm bis +5 cm)
Furisode = Kh/3 + 20 cm bis 50 cm
Außer in der Ärmellänge unterscheiden sich Kimonos durch die gewählten Farbe und Musterkombinationen und die jeweilige Stoffqualität.
Die Kurotomesode (kuro = schwarz) ist der formellste Kimono für verheiratete Frauen. Er ist tiefschwarz und wird mit weißem Obi getragen. Der Irotomesode (iro =Farbe) ist einfarbig mit Muster nur unterhalb des Obi. Der Komon (kleines Muster) ist ein Alltagskimono mit feinem, sich wiederholendem Muster. Er ist für verheiratete und ledige Frauen geeignet.
3 Der Obi
Gebunden wird der Kimono mit einer Schärpe aus Stoff, dem Obi. Der Fukuro Obi ist der Standardobi, 27 cm breit und 4 m lang. Für formelle Anlässe benutzt man den Maru Obi mit 65 cm Breite und 4 m Länge. Es gibtvieleverschiedene Arten den Obi zu binden. Der Taiko Knoten ist der traditionelle Obi Knoten. Er wird mit einem zylinderförmigen Obikissen getragen, das mit einem Obi-Schal, der Obiage fixiert wird. Der Obi wird mit einer Obikordel, der Obijime gehalten. Ein weiterer Knoten ist der Fukura Suzume, der mehr wie eine Schleife gebunden wird. Welcher Obi-Knoten zu welchem Kimono passt, hängt von Familienstand undAlter der Trägerin ab. Die traditionellen Obikissen werden mehr von verheirateten Frauen getragen. Der Schleifenobi dagegen kommt häufiger bei Kimonos unverheirateter Frauen zum Einsatz. Jedoch sind die traditionellen Grenzen nicht mehr so streng und häufig werden die Obi-Knoten nach Belieben gebunden.
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Exzellente Beschreibung, allerdings ist “genau ausreichend” im Bezug auf traditionelle Stoffbreiten und Längen vielleicht etwas irreführend. Für europäische Durchschnittskörpermaße trifft das leider nicht zu. Im Schnitt sind Japanerinnen (der hier ausgeführte Schnitt ist ja ein Frauenkimono) deutlich kleiner, schlanker und etwas anders proportioniert als die Damen vieler anderer Nationen, und es ist nicht üblich, Stoffe zu kombinieren (es sei denn, sie sind ähnlich genug, um als der gleiche Stoff durchzugehen). Der sinnvollste Weg scheint mir hier, passende nicht-japanische Stoffe zu entsprechend breiteren bzw. längeren Bahnen zurechtzuschneiden. (Für Sumokämpfer scheint es zwar eigene, breitere Stoffe zu geben, ich bezweifle jedoch, dass man diese so einfach bekommt.)
Vielen Dank jedenfalls nochmal für die klare, fundierte Zusammenfassung!
Liebe Gerda,
vielen Dank für die ergänzenden Hinweise!
Viele Grüße, Dein M. Müller & Sohn Team