Welche Nadel ist die Richtige?
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Die Nähnadel ist beim Nähvorgang ein wichtiger Einflussfaktor sowohl für das Nähen, aber auch für die spätere Naht. Leider sieht man es der Nadel oftmals nicht an, ob sie gut oder schlecht ist. Die Resultate sind dafür im allgemeinen um so erschreckender. Deswegen sollte generell als Regel gelten: Nur hochwertige Nähnadeln einsetzen! Worauf Ihr bei der Wahl der richtigen Nähnadel unbedingt achten solltet erfahrt Ihr hier.
Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Fachbuch Atelier – Fachwissen aus der Praxis Teil 1 (Zur Zeit nicht erhältlich).
Inhalt
- Was macht die Qualität einer Nadel aus?
- Die Nadeldicke
- Abstimmung von Nähnadel zu Nähfaden
- Vermeiden von Fehlstichen
- Welche Nadelspitze braucht man für welchen Stoff?
Was macht die Qualität einer Nadel aus?
Ganz entscheidend ist die Gleichmäßigkeit von Nadel zu Nadel, das Verhalten muss kalkulierbar sein, jeder Ausreißer in der Qualität ist ein Ärgernis. Neben der Ausbildung der Spitze ist das Nadelöhr wichtig, der Faden muss gut durchgleiten können und darf sich nicht aufreiben. Die meisten sind sich der Tatsache nicht bewusst, dass z.B. beim Doppelsteppstich der Nähfaden an einer Stelle 20 bis 60 mal durch das Öhr hin- und hergezogen wird und dies unter Spannung, bevor er in der Nadel liegt. Ist dann die Nähnadel nicht einwandfrei, so schiebt sich der Faden auf, der Fachmann spricht von Aufräufeln, was zumindest zu einer Schwächung der Naht führt, im allgemeinen aber zum Fadenbruch. Nur hochwertige Nähnadeln mit gleichbleibender Qualität verhindern derartige Nähstörungen. Hier heißt es dann: Eine neue Nadel einsetzen.
Die Nadeldicke
Die Nadeldicke wird angegeben als Durchmesser im Schaftbereich. Die Nadeldicke NM 80 hat demzufolge einen Durchmesser von 0,8mm, eine Nadeldicke NM 100 demzufolge einen Durchmesser von 1,0 mm. Diese „Nummer metrisch“, abgekürzt NM, ist eigentlich die übliche Stärkenbezeichnung für Nähnadeln. Zum Teil findet man aber auch noch die alte Singer-Nadeldickenbezeichnung.
Die Nadeldicke ist auf die verschiedenen Parameter abzustimmen wie Nähfaden, Nähgut / Stoff und Nähmaschine. Nicht vergessen sollte man natürlich auch die Person an der Nähmaschine, weil feine Nähnadeln z.B. der NM 65 auch ein entsprechend sorgfältiges Handhaben erforderlich machen. Vielfach wird diese feine Nadel als ungeeignet bezeichnet, da sie immer wieder bricht. Die Ursache liegt zumeist darin, dass die Arbeitskraft der Meinung ist, sie müsste zusätzlich den Transport unterstützen, wobei die feine Nadel abgelenkt wird und dann auf die Stichplatte oder den Greifer schlägt. Die Folge davon ist ein Nadelbruch.
Abstimmung von Nähnadel zu Nähfaden
Die Nähnadel muss auf den Nähfadenquerschnitt in der Art abgestimmt sein, dass der Nähfaden in seiner Bewegung im Nadelöhr nicht gebremst wird. Ist die Nadel zu fein, so wird der Faden im Nadelöhr gebremst und es ist somit eine höhere Fadenspannung erforderlich. Dies führt zu Nahtkräuselungen. Bei einer zu feinen Nadel kann sich aber auch der Nähfaden im Öhr aufscheuern und reißen. Eine zu dicke Nadel ist ebenfalls ungünstig, der Faden wird nicht ausreichend in der langen Rille geführt, die Stichbindung ist erschwert und werden, es treten Fehlstiche auf. Bei unterschiedlich dicken Materialien, z.B. beim Übergang von zwei auf vier Lagen bei Jeans, aber auch bei der Rundverarbeitung, erhöht sich die Gefahr der Fehlstichbildung unter anderem auch durch eine Nadelablenkung. Nadelhersteller bieten teilweise Spezialnadeln, wie z.B. die SERV 7 der Firma Schmetz wird nicht ausreichend in der langen Rille geführt, die Stichbindung ist erschwert und es treten gegebenenfalls Fehlstiche auf.
Die Abbildung zeigt die Abstimmung zwischen Nähmaschinennadel und Nähfaden für Nähfäden aus Polyester und Baumwolle. Die angegebenen Nadeldicken sind nur als Anhaltspunkt zu betrachten, wobei die angegebene feinere Nadeldicke möglichst nicht überschritten werden sollte, während die größeren Stärkegrade als nicht so problematisch zu betrachten sind. Eingesetzt werden aber auch glatte endlose Nähfäden auf Polyester-Basis, in den feinen Stärken zum Staffieren und Pikieren, in gröberen Stärken für Lederwaren und Ähnliches. Bei der Verwendung von endlosen Polyester-Nähfäden kann die Nadeldicke eine Stärke feiner gewählt werden.
Vermeiden von Fehlstichen
Die Problematik ist vielfach gegeben bei extrem elastischen Stoffen, bei unterschiedlich dicken Materiallagen sowie bei Kreuznähten. Bei den besonders elastischen Stoffen wie z.B. für BH’s, Bodies, Bademoden usw. neigt das Material zum Flattern. Dies entsteht durch die sich bewegende Nähnadel, die Greiferschlinge kann verkleinert werden, es treten Fehlstiche auf. Bei unterschiedlich dicken Materialien, z.B. beim Übergang von zwei auf vier Lagen bei Jeans, aber auch bei der Rundverarbeitung, erhöht sich die Gefahr der Fehlstichbildung unter anderem auch durch eine Nadelablenkung. Nadelhersteller bieten hierfür Spezialnadeln ( SERV 7 von Schmetz) mit einer Höckerbildung im Bereich der Hohlkehle und einer zusätzlichen Schaftverstärkung an. Durch den Höcker wird die Schlinge besser ausgebildet und somit Fehlstichbildung vermieden. Durch die Schaftverstärkung wird eine höhere Stabilität erreicht, die das Ablenken der Nähnadeln besonders bei den feinen Stärken deutlich vermindert.
Welche Nadelspitze braucht man für welchen Stoff?
Welche wichtigen Spitzenformen gibt es im Bereich der textilen Verarbeitung und welche Probleme lösen sie:
Normale Rundspitze – R: Die Rundspitze wird eigentlich als die Standardspitzenform bezeichnet, weswegen Nadelsysteme mit normaler Rundspitze vielfach keine Bezeichnung haben bzw. mit dem Buchstaben „R“ gekennzeichnet sind z.B. System 134(R). Sie finden Einsatz bei leichten Geweben, dünnen, beschichteten Materialien, für das Konfektionieren von Pelzen und ähnlichem.
Spitze Rundspitze – SPI: Kennzeichnend für dieseNadel ist eine sehr schlanke, spitze Spitze, die ein genaues Durchstechen von dichtgewebten und beschichteten Materialien erlaubt und ein gleichmäßiges Nahtbild ergibt. Typische Einsatzgebiete sind Mikrofaser-Gewebe oder Folien. Diese Spitzenform wird hauptsächlich verwendet gegen Verdrängungskräuselungen, da die schlanke, spitze Spitze mit geringer Kraft einstechen kann. In Verbindung mit folgenden Abstimmungen werden die besten Ergebnisse erzielt. Möglichst dünne Nadel (NM 65-70). Keine hohe Stichdichte (ideal 3-4 Stiche/cm). Feiner Nähfaden der Stärke No. 120 oder besser No. 150. Verwendung des Doppelkettenstichs wegen der Stichverschlingung außerhalb des Nähgutes. Die Vorzüge dieser Spitzenform zeigen sich aber auch in der Vermeidung oder zumindest Reduzierung von Fadenziehern, was das Gewebeunschön beeinflussen kann. Bei der Verwendung von Geweben mit umsponnenen Elastomerfäden verhindert diese Spitzenform das Herausschlagen aus dem Gewebe.
Kleine Kugelspitze – SES: Die kleine Kugelspitze verdrängt Gewebe- und Maschenfäden, sticht so direkt in die Zwischenräume ein und vermeidet dadurch Materialbeschädigungen. Das Einsatzgebiet liegt zumeist bei den feinen und mittleren Maschenwaren, ferner für leichte bis schwere Gewebe sowie kaschierte Materialien. Weiterhin aber auch für Polsterstoffe, die vielfach Maschenware auf der Unterseite haben.
Mittlere Kugelspitze – SUK: Diese Spitze ist noch stärker verrundet als die vorher genannte kleine Kugelspitze mit der Bezeichnung SES. Sie wird verwendet im Bereich der Jeansindustrie, besonders für stone- und sandwashed Qualitäten in Verbindung mit entsprechend dicken Nadeln. Weiterhin für Miederwaren bei der Verwendung feiner Nadeldicken. Neben der Problematik der Beschädigung des Materials, die mit der richtigen Spitzenform verhindert werden kann, spielt die Sicherheit der Stichbildung eine wichtige Rolle. Deswegen sollte gerade hier die Spezialnadel mit der Zusatzbezeichnung SERV 7 mit der Höckerausbildung im Öhrbereich zum Einsatz kommen.
Große Kugelspitze – SKF: Diese Nadel besitzt eine große Kugelspitze, welche stark verrundet ist. Sie ermöglicht bei groben, weiten Maschen eine punktuelle Verdrängung ohne die Materialfäden zu durchstechen. Sie hat sich zusätzlich bewährt beim Verarbeiten von feinen Elastikmaterialien mit umsponnenen Elastomerfäden.
Spezial-Kugelspitze – SKL: Diese Nadel besitzt eine sehr breite, stark verrundete Spitze und wird vorwiegend verwendet für grobe Maschen- und Strickwaren, fernerhin für das Verarbeiten von mittleren bis schweren Elastikmaterialien in Verbindung mit umsponnenen Elastomerfäden. Nadeln für Blindsticharbeiten: Auf dem Markt existieren speziell gebogene Nadeln für diese Näharbeiten. Die Besonderheit ist eine exzentrische Spitze, die ein ganz genaues Anstechen ermöglicht. Durch einen rechteckigen Schaftquerschnitt wird eine sehr hohe Stabilität erreicht, was besonders bei sehr feinen Nadeln der Dicke NM 60 wichtig ist, weil dadurch das Ablenken der Nadel und damit Fehlstiche vermieden werden. Typische Problemstellen sind Übergänge am Saum, wobei ein Fehlstich das völlige Öffnen der Naht zur Folge hat. Es gibt natürlich auch eine Reihe weiterer Spezialnadeln und Spitzenformen, wie sie für das Nähen von Leder zum Einsatz kommen.
Dies betrifft aber hauptsächlich schwere Lederqualitäten für Schuhe, Taschen, Koffer und Ähnliches, nicht hingegen Bekleidungsleder. Bekleidungsleder ist im allgemeinen weich und wird auch mit dem Gewebe zusammengenäht, zumindest beim Einnähen des Futters und demzufolge sind Nadeln mit einer Schneidspitze als problematisch zu betrachten. Normalerweise reicht es aus, die Spitzenform SPI zu verwenden, die aufgrund ihrer Spitze ein leichtes Durchdrängen auch bei Folien ermöglicht. Mehr ein Problem der Industrie als des Handwerks ist das Verschmieren der Nadel durch Textilien, die eine Oberflächenbeschichtung aufweisen. In Verbindung mit hohen Nähgeschwindigkeiten kann sich die Nadel so stark erwärmen, dass diese Beschichtungen weich werden, teilweise schmelzen und sich an der Nadel absetzen. Die lange Rille setzt sich zu, teilweise schließt sich sogar das Nadelöhr, so dass Fadenbrüche entstehen. Als Lösung dienen hier Spezialnadeln, die an der Oberfläche eine Teflonbeschichtung aufweisen, bekannt unter Namen wie Blukold-Nadeln. Es muss aber darauf geachtet werden, dass die Nadel nicht beschädigt wird, weil sonst der gewünschte Effekt nicht mehr vorhanden ist.
Die Nadel als Problemlöser: Nicht nur eine hochwertige Qualität muss die Nähnadel aufweisen, sondern auch richtig gewählt sein. Das betrifft hauptsächlich zuerst einmal das System, um eine Naht herstellen zu können. Genauso wichtig ist aber auch die Wahl der richtigen Nadeldicke und Spitzenform.
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