Bestimmte Stiche tauchen immer wieder auf. Dabei hat die richtige Stichwahl Auswirkungen auf die Lebensdauer des Kleidungsstücks. Es lohnt sich daher, einen Blick auf die wichtigsten Nähstiche zu werfen, die man mit der Hand und/oder der Nähmaschine nähen kann:
Obwohl man heutzutage fast alles mit der Nähmaschine erledigen kann, lohnt es sich manchmal, diese nicht auszupacken. An dieser Stelle kommen Handstiche ins Spiel. Gerade kleinere Näharbeiten wie das Annähen von Knöpfen oder Ausbesserungen können so schnell erledigt werden. Die wichtigsten Handstiche zum Nähen im Überblick:
Der Blindstich macht seinem Namen alle Ehre. Der Stich, der meistens zum Säumen oder Vernähen von Futterstoffen oder leichten Stoffen genutzt wird, ist auf der rechten Stoffseite kaum bis gar nicht sichtbar. Dabei gilt es aber, das Garn passend zur Stofffarbe zu wählen und eine feine, sowie spitze Nadel zu benutzen. Beim Blindstich mit der Nähmaschine sieht man die Naht manchmal, weshalb es sich empfiehlt, diesen mit Hand zu nähen.
Ein Heftstich (auch Vorstich genannt) wird als vorübergehende Naht genutzt, um zwei Stoffe miteinander zu verbinden oder Linien zu markieren. Die Naht dient als Fixierhilfe und soll das anschließende Nähen mit der Nähmaschine erleichtern. Der Heftfaden wird dabei in großzügigen Abständen locker in den Stoff eingestochen und nach dem Vernähen mit der Nähmaschine entfernt. Ein Anwendungsbereich des Heftstichs ist beispielsweise die Kleidungsanprobe. Der Heftstich wird hier als Alternative zur Stecknadel genutzt.
Tipp Damit das Heften schnell geht, empfiehlt es sich, dass du mehrere Stiche auf einmal machst, bevor du die Nadel und den Faden komplett durchziehst.
Der Hexenstich dient sowohl zum Nähen als auch zum Verzieren von Stoffen. Anwendungsbereiche sind vor allem das Säumen von Stoffen wie Leder, Vlies oder Wolle, das Aufnähen von Einlagen sowie Zusammennähen offener Kanten. Der Hexenstich verläuft von links nach rechts mit schräg gekreuzten Einzelstichen und wird daher auch oft Kreuzstich genannt. Je nach Zweck kann man den Hexenstich sichtbar (Verzierung) oder unsichtbar (Naht) nähen.
Der Hohlsaumstich ist eine Variante des Blindsaumstichs. Er eignet sich zum Säumen eingeschlagener Saumkanten, da er sehr stabil und meist unsichtbar ist.
Beim Kettenstich (auch Kettstich genannt) verknüpfen sich die einzelnen Stiche zu einem Kettenmuster. Bei diesem Stichtyp werden mit Nadel und Faden Schlingen gelegt und so verkettet, dass sich eine Linie bildet, die auf der einen Stoffseite aussieht wie die ineinander gelegten Glieder einer Kette. Man unterscheidet zwischen dem Einfachkettenstich (1-Faden-Kettstich) und dem Doppelkettenstich (2-Faden-Kettenstich und 3-Faden-Kettstich). Ein Vorteil des Kettstichs ist die Flexibilität, die durch die Kettenstruktur entsteht. Somit wird er häufig auch zur elastischen Verbindung von Maschenware benutzt.
Wie der Name schon vermuten lässt, dient der Knopflochstich dem Verstärken von Knopflöchern. Ebenfalls kann er zur Verstärkung von Stoffkanten bei beispielsweise Wolldecken oder dem Aufnähen von Patches genutzt werden. Durch die Knötchen, die sich bei diesem Stich bilden, wird die Stoffkante verstärkt und das Ausreißen des Stoffes verhindert. Für den Knopflochstich eignen sich vor allem Knopflochseide oder Polyestergarn – jeweils in dicker Ausführung. Was man beim Annähen von Knöpfen beachten muss, erklären wir dir in unserer „Anleitung zum Knopf annähen“.
Der Reihstich gehört zur Familie der Heftstiche und wird vorwiegend zur vorübergehenden Markierung von Nahtlinien genutzt.
Um zu vermeiden, dass sich Stoffe in eine bestimmte Richtung verschieben, eignet sich der (schräge) Spannstich. Dank ihm können auch Vlies- und Futtereinlagen zusammengenäht werden.
Der Staffierstich wird zum Einnähen von Futtereinsätzen oder auch zum Festnähen von Säumen verwendet. Durch seine kurzen kleinen Stiche erreicht er eine gute Stabilität und ist fast unsichtbar. Man kann ihn entweder von unten nach oben oder anders herum nähen.
Der Steppstich (auch Rückstich genannt) ist eine Verbindungsnacht mit der meist zwei Stoffteile miteinander vernäht werden. Er ist zugleich der gängigste als auch stabilste aller Handstiche. Verwendung findet der Steppstich auch für kurze Nähte oder zum Säubern von Nähten. Aufgrund seiner Stabilität ist der Steppstich zudem auch zum Vernähen von Reißverschlüssen oder Fäden geeignet, so dass sich diese nicht mehr verschieben. Der Steppstich wird von der Stoffrückseite aus genäht.
Der Zickzack-Stich kann für unterschiedliche Zwecke verwendet werden: dem Säubern von Kanten, der Nahtverstärkung, dem Nähen von elastischen Nähten und dem Annähen von Applikationen. Wie lang und wie breit der Zickzackstich sein soll, liegt im Ermessen der nähenden Person. Da der Zickzackstich sehr aufwendig zu stechen ist, wird er typischerweise mit der Nähmaschine gestochen.
Nähmaschinen unterstützen heutzutage oft mit ihren vielseitigen Funktionen. Außerdem sind mit der Nähmaschine erstellte Nähte meistens länger haltbar als welche von Hand. Die Nähmaschine verfügt dabei über ein breites Spektrum an Stichen. Diese sogenannten Stichtypen bezeichnen sich regelmäßig wiederholende Anordnungen von Stichen bzw. Fadenverschlingungen. Die Nähstichtypen sind entsprechend ihrer Merkmale in sechs Klassen von 100 bis 600 eingeteilt:
Zur Klasse 100 zählen Einfachkettenstiche. Das sind Nähstiche aus einem Faden, der jeweils mit sich selbst verknüpft wird. Das funktioniert so: Mit der Nähmaschinennadel wird eine Fadenschlaufe durch den Stoff geführt und der Naht entlang mit der anschließend durchgestochenen Fadenschlaufe verkettet. Zu den Einfachkettenstichen der Klasse 100 zählen der Einfache Kettenstich und Blindstich.
Zur Klasse 200 gehören sogenannte Einfachsteppstiche. Steppstiche werden genutzt, um zwei Stoffe miteinander zu verbinden. Bei dieser Art von Nähstich wird ein einzelner Faden durch den Stoff durch und wieder zurück gestochen. Dadurch verankert sich die Naht im Stoff.
Zu den Stichtypen der Klasse 300 zählen der Doppel-Steppstich, der 2-Nadel-Doppelsteppstich und der Zickzackstich. Diese Nähstiche werden aus zwei Fadensystemen angefertigt. Das funktioniert so: Mit dem ersten Fadensystem werden Fadenschlaufen durch den Stoff gestochen und gleichzeitig durch einen Stich des zweiten Fadensystems befestigt, indem der zweite Faden durch die Schlaufe des ersten Fadens gestochen wird.
Aus mindestens zwei Fadensystemen der Nähmaschine werden Doppelkettenstiche hergestellt. Diese gehören zur Klasse 400. Diese Stichtypen fallen auf, da die einzelnen Fadensysteme miteinander verknüpft sind. Beim Nähen werden mit einem Fadensystem Schlaufen durch den Stoff gestochen und mit Fadenschlaufen der anderen Fadensysteme verkettet. Zur Klasse 400 zählen der Doppel-Kettenstich, der Zickzack-Doppel-Kettenstich und der 2-Nadel-Doppel-Kettenstich.
Mit der Klasse 500 werden Überwendlichstiche klassifiziert. Diese Stichtypen werden aus einem oder mehreren Fadensysteme hergestellt. Überwendlichstiche sind mit einem, zwei, drei oder vier Fadensystemen möglich. Beim Nähen werden die Fadenschlaufen eines Fadensystems durch den Stoff genäht und mit sich selbst oder den Fäden der anderen Systeme verkettet. Dabei müssen mit mindestens einem Fadensystem Schlaufen um die Stoffkante genäht werden.
Überdeckkettenstiche zählen zur Klasse 600 und werden aus drei Fadensystemen genäht. Dabei werden mehrere Schlaufen des ersten Fadensystems durch die auf dem Stoff liegenden Schlaufen des dritten Fadensystems gestochen, und dann mit Schlaufen des zweiten Systems an der Stoffunterseite verknüpft. Zu den Überdeckkettenstichen gehören der 2-Nadel-Doppel-Kettenstich und der 3-Nadel-Doppel-Kettenstich.
Eine Übersicht, welcher Nähstich zu welchem Zweck verwendet werden kann, hilft beim Nähen schnell weiter. Oftmals ist es für die Verarbeitung wichtig, ob die Naht sichtbar ist. Welche Stiche man wofür verwenden sollte und ob diese auf dem Stoff sichtbar sind, kannst du der folgenden Tabelle entnehmen:
Nähstiche |
Verwendung |
Sichtbar? |
|
ja |
nein |
||
Säumen oder Vernähen von Futterstoffen oder leichten Stoffen |
x |
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vorübergehende Naht; Verbinden zweier Stoffe; Markieren von Nahtlinien |
x |
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Säumen von Leder, Vlies oder Wolle; Aufnähen von Einlagen; Zusammennähen offener Kanten |
x |
x |
|
Säumen eingeschlagener Saumkanten |
x |
||
Verzierung; Verbindung von Maschenware |
x |
||
Verstärken von Knopflöchern oder Stoffkanten |
x |
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Markierung von Linien |
x |
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Fixierung von aufeinanderliegenden Stoffen (Vlies, Futter) |
x |
||
Einnähen von Futtereinsätzen, Festnähen von Säumen |
x |
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Verbinden zweier Stoffteile; kurze Nähte, Säubern; Vernähen von Reißverschlüssen/Fäden |
x |
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Versäubern von Kanten, Nahtverstärkung, elastische Nähte, Befestigung von Spitzeneinsätzen |
x |
Weitere Nähmaschinenstiche, ihre Verwendung und Verarbeitung haben wir dir im Artikel „10 Maschinennähte“ zusammengestellt.
Vor der Anwendung der Nähstiche gilt es, insbesondere beim Nähen mit der Nähmaschine, eine Reihe von Tipps zu beachten. Gerade die richtige Wahl der Nadel, des Garns und der Fadenspannung kann erheblichen Einfluss auf das Nähergebnis haben.
Beim Nähen mit der Nähmaschine gilt: Verwende hochwertige Nadeln, damit du ein gutes Endergebnis erhältst. Oft kommt es zu Fehlstichen, da die falsche Nadel für den betreffenden Stoff verwendet wird. Eine Abstimmung zwischen Nähmaschinennadel und Nähfaden ist unerlässlich, um Nadelablenkungen und Nahtkräuselungen zu vermeiden. Welche Nadel die richtige für dein Projekt ist, erfährst du hier.
Beim Nähen müssen alle verwendeten Materialien aufeinander abgestimmt sein. Stoff, Nähfaden und Einlage beeinflussen sich in ihrem unterschiedlichen Verhalten. Wird eine Komponente verändert, so hat das immer Einfluss auf das Gesamtergebnis. Erfahre hier alles über die Wahl des richtigen Garns.
Beim Nähen mit der Nähmaschine ist zu beachten, dass jeder Stichtyp eine andere Fadenspannung benötigt. Das Einstellen der richtigen Fadenspannung ist essenziell für ein angenehmes und problemloses Nähen. Was es bei der Fadenspannung alles zu beachten gibt und was die Nadel- und Nähfadendicke damit zu tun haben, erklären dir im Artikel „Fadenspannung leicht gemacht“.
Neben Nähstichen existieren noch eine Reihe weiterer Sticharten, die meist zum Verzieren genutzt werden. Sogenannte Zier- oder Stickstiche werten Näharbeiten durch ihre hübschen Muster auf. Wie die gängigsten Verzierungsnähte wie der Feder- oder Blättchenstich gehen und was es jeweils zu beachten gilt, erfährst du in der Anleitung von 8 Handstichen. Darüber hinaus findest du im Artikel „6 verschiedene Stickstriche“ weitere Anleitungen, z. B. für den Knötchen- und Satinstich.
Leder vermag oft Fragen bezüglich seiner Verarbeitung aufzuwerfen. Was beim Nähen von Leder zu beachten ist, erklären wir im Beitrag „Leder nähen: Tipps und Tricks“. Speziell auf Nähte, Kanten und Säume wird in diesem Artikel Bezug genommen. Außerdem finden sich dort Nähanleitung für Knopflöcher und Paspeltaschen auf Leder.
Erstmals erschienen 2019, letzte Aktualisierung 17.10.2019