{"id":12372,"date":"2019-11-02T08:00:14","date_gmt":"2019-11-02T07:00:14","guid":{"rendered":"https:\/\/www.muellerundsohn.com\/?p=12372"},"modified":"2019-10-31T12:13:29","modified_gmt":"2019-10-31T11:13:29","slug":"karo-ist-trumpf-die-geschichte-des-karomusters","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.muellerundsohn.com\/allgemein\/karo-ist-trumpf-die-geschichte-des-karomusters\/","title":{"rendered":"Karo ist Trumpf – Die Geschichte des Karomusters"},"content":{"rendered":"
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Inspiration Runway: R\u00f6cke mit Tartans bei Moschino.<\/span> (Bild: \u00a9 Stefan Knauer)<\/span><\/figcaption><\/figure>\n

Wir lieben sie<\/strong> als flauschige Winterschals, auf den Laufstegen der internationalen Mode sind sie zu Hause, der salonf\u00e4hig gestylte Punk-Look kann auf sie auch nicht verzichten und sogar auf dem urbayrischen Oktoberfest werden sie mittlerweile immer h\u00e4ufiger gesichtet: Schottenkaros. Ob als ironisch interpretierter Minirock wie bei Moschino, als traditioneller Kilt, alltagstauglicher Blazer oder als Abendkleid im Tartanmuster wie von Castelbajac oder Vivienne Westwood – der Schottenlook lebt!<\/p>\n

Wann entstand das Karomuster?<\/h2>\n

Was heutzutage so farbenfroh u\u0308ber den Laufsteg kommt, hat eine lange Tradition. Im Jahr 100 v. Chr. schreibt der griechische Historiker Diodorus Siculus u\u0308ber die Kelten: \u201eSie kleiden sich sehr auff\u00e4llig: Als \u00dcberwurf dienen Ihnen gestreifte M\u00e4ntel, die an der Schulter mit einer Fibel befestigt werden und mit einem dichten und buntfarbigen Wu\u0308rfelmuster geschmu\u0308ckt sind.\u201c Diese Vorliebe fu\u0308r Karos scheinen die fru\u0308hen Kelten an ihre schottischen Nachfahren weitergegeben zu haben. Wobei wohl das Karomuster eher da war, als die Farben. Man vermutet, dass die ersten \u201eSchottenkaros\u201c aus dem Verweben von heller und dunkler Schafwolle entstanden. Wie die F\u00e4rbung der Schafe waren auch diese Muster von Region zu Region unterschiedlich und festigten sich allm\u00e4hlich zu bestimmten Standards. Auch als die Farbe hinzukam, kennzeichneten diese Tartans die Bewohner einer bestimmten Gegend, sie waren zu dieser Zeit noch keinen Clans zugeordnet. Der Huntly District Tartan, der Old Lochaber Tartan, der Glen Orchy District Tartan und der Lennox District Tartan sind solche regionalen Muster. Es war auch durchaus nicht unu\u0308blich, Tartans \u201egemischt\u201c zu tragen.<\/p>\n

Welche Tartan-Muster gibt es?<\/h2>\n

So kompliziert die Muster der Tartans im Einzelnen auch sind, im Prinzip gibt es drei Typen: einmal das einfache Karomuster, das aus nur zwei Farben besteht. Der \u201eRob Roy MacGregor\u201c (u.a. von Liam Neeson im Film \u201eRob Roy\u201c getragen) ist ein Beispiel dafu\u0308r. H\u00e4ufiger sieht man die beiden anderen Tartan-Typen, die symmetrischen Tartans (full sett) und die asymmetrischen (half sett). Bei den symmetrischen ist das Muster in vier Richtungen identisch nach Norden, Su\u0308den, Osten und Westen. Die Falten k\u00f6nnen entsprechend immer auf den gleichen Farben gebildet werden. \u201eGelesen\u201c wird ein Muster von rechts nach links. Bei asymmetrischen Tartans wiederholt sich das Muster nur in einer Richtung u\u0308ber die Stoffbreite. Den Anfang macht hier jeweils die Farbe, deren Name im Alphabet am weitesten vorn steht. Von ein und demselben Tartan kann es unterschiedliche Farbvarianten geben, abh\u00e4ngig von seiner Verwendung bei einem Kleidungsstu\u0308ck: Ein \u201eHunting\u201c Tartan hat meist gedeckte Farben, oft in Gru\u0308n- oder Blaut\u00f6nen, um mit der natu\u0308rlichen Umgebung zu harmonieren. Er wurde jedoch nicht nur zur Jagd getragen, sondern war sozusagen der Tartan fu\u0308r alle Tage. Beim \u201edress\u201c Tartan wird eine der Hintergrundfarben des Musters abge\u00e4ndert, meist in Wei\u00df. Ein \u201edress\u201c Tartan ist nun allerdings nicht, wie der Name vorgaukeln k\u00f6nnte, die bevorzugte Wahl fu\u0308r die allgemeine Kleidung, sondern wurde und wird vor allem zum Tanzen getragen. Dabei sind nun wiederum das \u201eformal dress\u201c oder \u201eevening dress\u201c v\u00f6llig deplatziert, diese Varianten geh\u00f6ren zur hochoffiziellen und Abendkleidung.<\/p>\n

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Schottische Tartans: Um bei den vielen verschiedenen Karomustern den \u00dcberblick zu behalten gibt es das \u201eScottish Register of Tartans\u201c, eine offizielle Beh\u00f6rde der Regierung Schottlands. Hier sind alle Muster offiziell registriert.<\/span><\/figcaption><\/figure>\n

Ein Tartan fu\u0308r American Express<\/h2>\n

Man sieht, es ist nicht so einfach, bei so vielen Besonderheiten den \u00dcberblick zu behalten. Deshalb gibt es das \u201eScottish Register of Tartans\u201c, eine offizielle Beh\u00f6rde der Regierung Schottlands. Hier sind alle Tartans mit allen Varianten offiziell registriert. Dabei handelt es sich nur um die traditionellen Muster und Clan-Tartans, es ist auch m\u00f6glich, gegen eine Gebu\u0308hr von 70 Pfund einen neuen Tartan registrieren zu lassen. Auf diese Weise sind u. a. American Express, Amnesty International, Burberry oder Barbour zu ihren eigenen Tartans gekommen. Dem Vorg\u00e4nger des Scottish Register of Tartans, der Highland Society of London, ist es wohl unter anderem zu verdanken, dass der Tartan im 18. Jahrhundert ein Revival erlebte. Denn nach der verlorenen Schlacht der Schotten gegen die Engl\u00e4nder 1746 bei Culloden wurde im sogenannten \u201eDress Act\u201c den Schotten das Tragen von Plaid und Kilt sowie die Verwendung von Tartans fu\u0308r Umh\u00e4nge oder Jacken verboten. Als Strafe drohte Haft bis zu sechs Monaten und im Wiederholungsfall Deportation. Sinn dieses Verbots war, das Nationalgefu\u0308hl der Schotten und das Clansystem zu brechen.<\/p>\n

Mehr als nur ein Stu\u0308ck Karostoff<\/h2>\n

Seit etwa dem 16. Jahrhundert geh\u00f6rten die Tartans nicht mehr einfach nur zu einer Region, sondern die Zuordnung zu einzelnen Clans hatte begonnen. In den Auseinandersetzungen der Schotten mit England wurde der Tartan dann zu mehr als zu einem Stu\u0308ck gewebten Karostoffs. Wer seinen Tartan trug, machte deutlich, dass er sich als Schotte, auch im politischen Sinne, verstand. Das ist \u2013 falls man das Tragen einer bestimmten Kleidung nicht \u201enur\u201c als Modesache ansieht \u2013 auch heute noch so. Nicht zuf\u00e4llig erscheint Sir Thomas Sean Connery als Befu\u0308rworter der schottischen Unabh\u00e4ngigkeit auch bei hochoffiziellen Anl\u00e4ssen gerne im Kilt mit dem Hunting Tartan der MacLean of Duart. Der \u201eDress Act\u201c hatte fast 40 Jahre bis 1782 Bestand. Ob er seinen Zweck erfu\u0308llte, ist zweifelhaft, wahrscheinlich wurde das Nationalgefu\u0308hl der Schotten durch den verbreiteten Widerstand gegen diese Verordnung eher noch gest\u00e4rkt. Ausdru\u0308cklich ausgenommen von diesem Verbot waren Offiziere und Soldaten im Dienst des englischen K\u00f6nigs. Das betraf etwa das 1739 gegru\u0308ndete 42. Highland Regiment, \u201eThe Black Watch\u201c Diese Soldaten, wie auch die anderen sp\u00e4ter aufgestellten Highland Regiments, trugen weiterhin Kilts und Tartans. Dies ist mit einer der Gru\u0308nde, warum die Tartan-Produktion in dieser Zeit u\u0308berlebte.<\/p>\n

Der K\u00f6nig tr\u00e4gt Karos<\/h2>\n

Nach Aufhebung des Tartan-Verbots setzte erst allm\u00e4hlich und dann immer rasanter ein wahres \u201eTartan-Revival\u201c ein. Die englische Oberschicht hatte die schottische Highland-Kultur als romantisch-pittoreske Mode fu\u0308r sich entdeckt, Romane u\u0308ber schottische Volkshelden wie \u201eRob Roy\u201c von Sir Walter Scott wurden beliebte Lektu\u0308re, sich \u201eschottisch\u201c zu kleiden war en vogue. Als 1822 als erster englischer Herrscher Georges IV Schottland besuchte, trug er \u2013 Tartan. Bereits 1815 hatte die Highland Society of London damit begonnen, die offiziellen Clan-Tartans zu registrieren. Dazu wurden alle Clan Chiefs aufgefordert, der Gesellschaft ein Stu\u0308ck ihres Tartans zu senden. Diese Sammlung von Tartans, von denen jedes Muster vom Clanoberhaupt \u201ezertifiziert\u201c ist und sein Siegel und seine Unterschrift tr\u00e4gt, ist bis heute der Grundstock des Tartan-Registers.<\/p>\n

Seit sich der Tartan als Clanzeichen institutionalisierte, besteht er aus einer genau definierten Abfolge von Farben bzw. Farbt\u00f6nen und Webmustern, die den Tr\u00e4ger dieser Farben als dem Clan zugeh\u00f6rig ausweisen. Festgelegt wird der Tartan vom Oberhaupt des Clans. Allgemein akzeptiert ist das Tragen eines Tartans, wenn man verwandtschaftlich, per Adoption oder auch nur namentlich als dem Clan zugeh\u00f6rig gilt. Zum Beispiel kann der \u201eRoyal Stewart Tartan\u201c, der Tartan des K\u00f6nighauses, von allen der k\u00f6niglichen Hofhaltung nahestehenden Personen getragen werden. Obwohl ein Tartan sichtbar die Zugeh\u00f6rigkeit zu einem Clan ausdru\u0308ckt, ist es nach schottischem Wappenrecht kein Vergehen, den Tartan eines anderen Clans zu tragen oder sich ohne Clanzugeh\u00f6rigkeit mit einem Clan-Tartan zu schmu\u0308cken \u2013 gern gesehen wird dies allerdings nicht. Der Mode ist dies egal. Sie nimmt sich die Freiheit, unbeeindruckt von Traditionen mit dem vorgegebenen Material zu spielen, es durcheinanderzuwirbeln, Neues zu kreieren. Trotzdem w\u00e4re es nicht ratsam, etwa bei den schottisches Highland Games in wilden Fantasiefarben und im Pseudo-Kilt zu erscheinen.<\/p>\n

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Dudelsackspieler in einem Kilt, dem traditionellen Schottenrock.<\/span><\/figcaption><\/figure>\n

Geschichte des Kilts<\/h2>\n

Kilttr\u00e4ger sind keine M\u00e4nner im Rock! Auch wenn der moderne Kilt so aussieht, hat er mit einem Rock eigentlich nichts zu tun. Eher mit einem Mantel oder \u00dcberwurf. Um dies nachzuvollziehen, mu\u0308ssen wir einen Blick auf die Geschichte des Kilts werfen. Als die Scoten, die irokeltischen Einwanderer, die Schottland seinen Namen gaben, sich im Norden der Britischen Insel niederlie\u00dfen, brachten sie das \u201eleine\u201c mit, ein knielanges, meist naturfarbenes, weites Hemd. Mit einem Strick oder Gu\u0308rtel an der Taille zusammengehalten war es das Kleidungsstu\u0308ck fu\u0308r alle Tage. Daru\u0308ber wurde als Schutz gegen das raue Hochlandwetter ein Umhang getragen. Als die Schotten ein paar Jahrhunderte sp\u00e4ter in kriegerischen Kontakt mit den Wikingern gerieten, scheint sich in Anlehnung an den gef\u00e4ltelten und gegu\u0308rteten Kriegermantel der Nordm\u00e4nner aus dem traditionellen Umhang allm\u00e4hlich die Vorform des Kilts gebildet zu haben. Das Wort Kilt ist dem Ursprung nach nicht g\u00e4lisch, sondern nordisch: \u201ekilte\u201c oder \u201ekjalta\u201c bedeutet gefaltete und gewickelte Decke.<\/p>\n

Der Vater des Kilts: das Belted Plaid<\/h2>\n

Genau dies, eine Decke, war die Urform des Kilts, das \u201eBelted Plaid\u201c oder der \u201egro\u00dfe Kilt\u201c (g\u00e4lisch \u201ebreacan fheile\u201c oder \u201efheilead mhor\u201c): kein gen\u00e4htes Kleidungsstu\u0308ck, sondern eine in der Mitte zusammengeraffte lange Tartanstoffbahn, die um die Taille gegu\u0308rtet wurde, sodass der untere Teil bis zu den Knien reichte. Die Enden des gr\u00f6\u00dferen oberen Teils werden u\u0308ber der linken Schulter zusammengefu\u0308hrt und mit einer Fibel oder Brosche gehalten. Das hei\u00dft, das rechte obere Ende des Tartantuches wird quer u\u0308ber die Brust zur linken Schulter gezogen, der linke Teil einfach links von hinten u\u0308ber die Schulter nach vorne. Am Ru\u0308cken und haupts\u00e4chlich auf der rechten Seite bildet sich so eine gro\u00dfe Tasche, praktisch, um dort alles M\u00f6gliche unterzubringen oder ein verirrtes Lamm darin wieder zur Herde zu tragen.<\/p>\n

Das Belted Plaid war ein universales Kleidungsstu\u0308ck, es diente dem Hochl\u00e4nder am Tag als Mantel und nachts als Decke, in die er sich vollst\u00e4ndig einhu\u0308llen konnte. Es gibt Berichte, dass beim \u00dcbernachten im Freien bei Minustemperaturen das Plaid mit Wasser getr\u00e4nkt worden sei und sich so eine schu\u0308tzende, gefrorene Isolierschicht gebildet habe, unter der die K\u00f6rperw\u00e4rme nicht entweichen konnte. Vollkommen eingehu\u0308llt in sein Belted Plaid wie in einen modernen Biwaksack konnte der Tr\u00e4ger die Nacht so u\u0308berstehen. Zeitgen\u00f6ssische Abbildungen zeigen, dass das Belted Plaid ganz normal im Stehen angelegt wurde und mit ein paar Hilfen war und ist das keine Wissenschaft: In Taillenh\u00f6he wurden an der Innenseite schmale Gu\u0308rtelschlaufen aufgen\u00e4ht, durch die man einen Tartangu\u0308rtel oder eine dickere Kordel zog. So war das Anlegen kein Problem, die Falten am Ru\u0308cken bildeten sich beim Zuziehen des Gu\u0308rtels von ganz alleine und man konnte es ausgezogen nach wie vor als das verwenden, was es eigentlich war, n\u00e4mlich als Decke.<\/p>\n

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Das Anlegen des Belted Plaid, dem Vorg\u00e4nger des heutigen Kilts.<\/span><\/figcaption><\/figure>\n

Wer erfand den Kilt?<\/h2>\n

Was aber ist nun mit dem Kilt? Der ist eine Erfindung des 18. Jahrhunderts. Auch hier ist wieder eine Legende zu berichtigen: Ausgerechnet ein Engl\u00e4nder soll die schottische Nationaltracht eingefu\u0308hrt haben. Der Stahlwerksbesitzer Thomas Rawlinson habe seinen Arbeitern ein praktischeres Kleidungsstu\u0308ck als den Belted Plaid verpassen wollen. Kurzerhand habe daraufhin sein Schneider den oberen Teil des Plaids einfach abgetrennt, so sei dann der \u201ekleine Kilt\u201c entstanden. Verst\u00e4ndlich, dass ein nationalstolzer schottischer Kilttr\u00e4ger diese Geschichte nicht gerne h\u00f6rt. Gro\u00dfe Erleichterung also, als nachgewiesen wurde, dass der \u201ekleine Kilt\u201c (g\u00e4lisch \u201efheilead bheg) schon lange vor Rawlinson in Gebrauch war. Die Hochl\u00e4nder waren selbst auf die Idee gekommen, das Plaid zu halbieren, weil man nur im Unterteil gekleidet besser arbeiten kann. Das obere Teil wurde nun in der L\u00e4nge halbiert und an den L\u00e4ngsseiten zusammengen\u00e4ht, was ein gro\u00dfes Schulterplaid ergab \u2013 gro\u00df genug, um ihn auch weiterhin als Decke verwenden zu k\u00f6nnen. Dieser sogenannte \u201eEarly Kilt\u201c taucht schon Ende des 17. Jahrhunderts auf und hatte den Vorteil, dass man das Schulterplaid bei Bedarf an- oder ablegen konnte, ohne einen gro\u00dfen Tartanbausch am Gu\u0308rtel h\u00e4ngen zu haben. Man trug bei Bedarf nur den Kilt und stand trotzdem nicht im Hemd da, wie es beim Ablegen des Belted Plaid der Fall war.<\/p>\n

Schnittmuster Plisseerock und Faltenrock<\/div><\/div>
\"Produkt:<\/div><\/a>Produkt-Details anzeigen<\/a><\/div>

Dieser Schnittmusterbogen enth\u00e4lt einen Plisseeerock, einen Rundum-Faltenrock und einen Faltenrock mit Passe in den Gr\u00f6\u00dfen 36-46.<\/p>\t\t\t

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